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Brandenburg: Verpasster Winter

Claus-Dieter Steyer

So schön zeigte sich Brandenburg lange nicht: die verschneiten Wälder, das zugefrorene Fließenlabyrinth im Spreewald, der dicke Eispanzer auf der Oder. Der Winter hat das Land verzaubert und manch störende Ecke zugedeckt. Aber leider sind die Ausflügler in den meisten Gegenden zurzeit auf sich allein gestellt. Die sonst so rührigen Touristeninformationen, Wanderführer und Hoteliers befinden sich offenbar im Winterschlaf. Dabei wäre jetzt die Gelegenheit, ein ganz neues Brandenburg zu präsentieren und viel Geld zu verdienen. Bislang konzentriert sich die märkische Tourismuswirtschaft nur auf den Zeitraum zwischen Ostern und Ende September.

Jetzt arbeiten städtische Touristenstationen auf Sparflamme und schließen wie selbstverständlich am Freitagnachmittag. Danach komme sowieso niemand mehr, heißt es. Natürlich erkundigt sich jetzt kein Tourist nach einer Radkarte, nach der nächsten Ausleihe für Kanus oder nach dem schönsten Biergarten. Aber das ist doch kein Grund, völlig auf Tauchstation zu gehen. Die auf schier endlosen Konferenzen, Tagungen und Workshops beklagte zu kurze Saison könnte jetzt verlängert werden.

Wo sind die Lagerfeuer am Deich, die Glühweinstände im Spreewald, die Exkursionen zu Wildspuren im Schnee, die Ausleihstationen für Schlittschuhe und Skier? Wo gibt es eine Karte mit den besten Rodel- und Langlaufloipen? Wann findet ein spontanes Skispringen auf den Schanzen in Bad Freienwalde statt? Wo haben die Eisbader, -segler- und -surfer ihre Auftritte? Die Liste der Möglichkeiten scheint unendlich zu sein, gerade Brandenburg hat viel zu bieten. Die Thermalbäder, die sich wie auf einer Perlenkette rund um Berlin reihen, könnten der Abschluss von Wanderungen durch eine herrliche Landschaft sein. Viele Schlösser würden die perfekte Kulisse für Winterfeste oder Fackelwanderungen bieten.

Aber der Wintertourismus findet nicht statt, er ist in den Plänen der gut bezahlten Verbände nicht vorgesehen. Das oft zu hörende Argument, dass die Vorbereitungszeit zu kurz ist oder das Wetter zu unsicher, zählt nicht. Die Hotels brauchten nur ihre Programme, die sie mit viel Aufwand für die Weihnachts- und Silvesterzeit vorbereitet haben, aus den Schubladen zu holen und einfach zu wiederholen. Ein Anruf bei den Förstern, Glühweinverkäufern oder Wanderführern würde genügen.

Doch noch sitzen die Scheuklappen fest. Sonst würden die Tourismusfunktionäre die Chancen sehen und sich wahrscheinlich schwarz ärgern. Mit Mitleid für ihre Klagen über flaue Geschäfte, weil die Gäste im Sommer nicht reichen, dürfen sie jedenfalls nicht mehr rechnen.

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