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Brandenburg: Viskosewerk am seidenen Faden

Inder wollten den Betrieb aufkaufen. Da kam ein neues Angebot von der Märkischen Faser. Jetzt wird neu geprüft

Premnitz/Potsdam. Seit 78 Tagen hat die Belegschaft der Prefil GmbH das Viskosewerk besetzt. Sie wollen ihren Arbeitsplatz retten. Ob sie Erfolg haben, ist noch nicht klar. Aber die Hoffnung ist da – und sie wurde gerade erst genährt von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Es gebe eine „realistische Überlebenschance“ für Prefil hatte der Regierungschef am Sonntagabend im Fernsehen gesagt. Und das Angebot gemeint, dass die benachbarte Märkische Faser GmbH am Wochenende für die seit Monaten stillgelegten Anlagen gemacht hatte. Damit konkurrieren sie mit Interessenten aus Indien, die die Maschinen übernehmen wollen. Mit ihnen hat Insolvenzverwalter Horst Piepenburg auch schon verhandelt. Regierungsintern wurden die Chancen für ein Überleben von Prefil auf 50:50 geschätzt.

Der Geschäftsführer der Märkischen Faser GmbH, Eberhard Brack, will die Prefil-Anlagen offenbar nur übernehmen, wenn er Unterstützung in Millionenhöhe erhält. Vor allem um die alten Bauanlagen so umzubauen, dass Brandschutzauflagen erfüllt werden. Nach Tagesspiegel-Recherchen geht es um ein Paket in Höhe von 29 Millionen Euro, die die öffentliche Hand zahlen müsste.

Zwar hatte Platzeck vor Wochen erklärt, die Landsregierung sei entsprechend ihren Möglichkeiten bereit, mit Finanzspritzen oder Bürgschaften zu helfen, „wenn sich Investoren fänden, die den Standort erhalten wollen“. Doch ein weiteres Engagement Brandenburgs ist angesichts der dramatischen Haushaltslage des Landes politisch brisant, zumal in die zahlreichen Rettungsversuche für den Chemiestandort seit der Wende bereits rund 420 Millionen Euro geflossen sind. Angesichts der Erfahrungen mit Großprojekten ist nicht nur der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Heiko Müller skeptisch: Weitere öffentliche Hilfen seien nur angebracht, wenn das Konzept langfristig tragfähig ist. Dennoch will Wirtschaftsminister Ullrich Junghanns (CDU) offenbar versuchen, Geld für Brack aufzutreiben – wegen des bedrohten Gesamtstandorts. Platzeck hatte bereits vor Wochen gewarnt, dass bei einem Aus von Prefil eine „Kettenreaktion“ drohe: Das Kraftwerk des Industriegeländes verlöre einen Abnehmer, würde deshalb die Preise erhöhen – eine Belastung für die anderen Betriebe auf dem Gelände, die bereits jetzt auf der Kippe stünden. Es gehe um die „kritische Masse“, bestätigte Junghanns. Das Land habe den „Rahmen für eine mögliche Lösung“ gesetzt. Er hoffe auf ein solides Investitionskonzept.

In den vergangenen Tagen hatten Wirtschafts-, Bau- und Innenministerium zusammen mit Brack fieberhaft eine Lösung für die kostspielige Brandschutzproblematik gesucht, die mitverantwortlich für die Prefil-Pleite ist: Nach einem internen Papier würde Brack sich verpflichten, innerhalb von acht Monaten wenigsten die dringendsten Brandschutzauflagen zu erfüllen, so dass dann die Viskoseproduktion wiederaufgenommen werden könnte. Das Innenministerium rückte von seiner Forderung nach einer Berufsfeuerwehr ab. Favorisiert wird jetzt ein Modell mit einer „nebenberuflichen Feuerwehr“, dass heißt, mit Produktionsarbeitern, die eine entsprechende Ausbildung bekommen. Allerdings sei dies mit Blick auf andere Chemiestandorte nicht unproblematisch.

Der Ball liegt jetzt vor allem bei Insolvenzverwalter Piepenburg, der mit Bracks Angebot zumindest wieder Handlungsspielraum bekommt. Davor hatte der Ausverkauf von Prefil schon fast festgestanden, weil die Verträge über den Verkauf der Maschinen nach Indien dem Vernehmen nach bereits perfekt waren – nur die Unterschrift der Käufer fehlte noch. Dem Vernehmen nach will Piepenburg Bracks Angebot ernsthaft prüfen.

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