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Brandenburg: Warten auf die Traumschiffe

Die Havel soll ausgebaut werden, obwohl hier kaum Lastkähne fahren. Steuermittelverschwendung, sagen Kritiker

Brandenburg (Havel). Eine kürzliche Fahrt auf der Havel zwischen Ketzin und Brandenburg offenbarte das Dilemma der Binnenschifffahrt im Osten: Während der 22 Kilometer langen Tour begegneten dem Hausboot nur zwei Frachtschiffe. Wie der auf dieser Strecke regelmäßig fahrende Kapitän der Yacht bestätigte, sei dies die „normale Verkehrsdichte“. Manchmal begegne er auf dieser Tour gar keinem Schlepper.

Diese Beobachtung scheint den Argumenten des „Aktionsbündnisses gegen den Havelausbau“ zu entsprechen. Der von Umweltgruppen, Gemeinden sowie den Grünen und der PDS getragene Zusammenschluss hält die Pläne für einen Fluss-Ausbau für eine „millionenschwere Steuermittelverschwendung“ und für einen folgenschweren Eingriff in die Natur. Der jetzige Zustand der Bundeswasserstraße würde dem momentanen Verkehr durchaus genügen.

Dabei steht die Vertiefung der Havel von jetzt 3,5 auf vier Metern sowie die Begradigung des Ufers an einigen Stellen seit 1992 im Bundesverkehrswegeplan. Dieser enthält auch die Verbreiterung des 11 Kilometer langen Paretz-Sacrower-Kanals zwischen Ketzin und Potsdam. Er soll von jetzt 50 auf 55 Meter Breite wachsen, damit ihn große Schiffe befahren können.

Vor elf Jahren gingen die Prognosen von 15 Millionen Tonnen jährlicher Gütermenge auf der Havel aus. Heute ist nur noch von 4,5 Millionen Tonnen die Rede. Doch sowohl das Bundes- als auch das Landesverkehrsministerium halten an den Ausbauplänen fest, über die heute das Bundeskabinett beraten will. „Wir betrachten die Binnenschiffe als leistungsfähige und ökologische Verkehrsmittel“, sagte Lothar Wiegand, Sprecher des Potsdamer Ministeriums. „Ein Schiff ersetzt im Schnitt einhundert Lastkraftwagen. Schon allein deshalb befürworten wir einen moderaten Ausbau der Wasserwege.“ Viel zurückhaltender reagiert das brandenburgische Umweltministerium. „Die jüngste Studie über das bis 2055 zu erwartende Klima sollte von den Verkehrsexperten genau geprüft werden“, meinte Sprecher Jens-Uwe Schade.

In ihrer Prognose hatte das Institut für Klimafolgenforschung durch wachsende Trockenheit ein Absinken der Fluss-Pegel vorausgesagt. Es sei nicht sicher, ob die Havel im Sommer immer genügend Wasser für die Schifffahrt führe, warnten die Wetterexperten. Dem widerspricht der im Wasserstraßen-Neubauamt zuständige Bereichsleiter Peter Dietrich. Die Havel sei durch Wehre und Schleusen regulierbar, so dass Frachtschiffe immer fahren könnten. Deshalb besteht hier auch keine Hochwassergefahr wie an Elbe und Oder. Ohne Wasser können allerdings auch die Schleusen nicht arbeiten. Dann wären die Freizeitboote auf der Havel möglicherweise nur noch unter sich.

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