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Brandenburg: Weniger Brandenburger, mehr Schulden

Bericht sagt Haushaltsnotlage vorher: Weil die Bevölkerung abnimmt, verliert das Land Steuern und Bundesmittel

Potsdam. Der Bevölkerungsrückgang in Brandenburg dürfte in den kommenden Jahren katastrophale Folgen für den Landeshaushalt haben. Das geht aus dem internen Bericht der Landesregierung über „Auswirkungen der demografischen Entwicklung“ hervor, die erstmals umfassend untersucht wurden. Die Ergebnisse übersteigen schlimmste Befürchtungen. So heißt es wörtlich: „Die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Finanzlage Brandenburgs wären – ohne entsprechende Gegenmaßnahmen – dramatisch und würden in eine Haushaltsnotlage münden.“ Über Konsequenzen will die Landesregierung jedoch erst nach der Landtagswahl im Herbst 2004 entscheiden.

Dass Brandenburgs Bevölkerung von derzeit rund zwei Millionen Einwohnern bis 2020 um rund 181000 Menschen abnehmen wird, ist bereits länger bekannt. Das Land wird Jahr für Jahr rund 20000 Einwohner verlieren, der Bericht spricht von der „Größenordnung einer Kleinstadt“, weil mehr Menschen sterben als geboren werden. Im Jahr 2020 wird jeder vierte Brandenburger im Rentenalter sein.

Die Folgen für die Staatsfinanzen aber wurden jetzt erstmals detailliert berechnet: Denn weniger Einwohner bedeuten weniger Steuern und weniger Zuweisungen von Bund und Ländern. Für Brandenburg hieße das, dass das jährliche, schon jetzt nur über Kredite finanzierte Haushaltsdefizit von derzeit rund einer Milliarde Euro bis 2020 auf ganze 3,5 Milliarden Euro steigen würde. Jeder dritte Euro im Landeshaushalt wäre dann auf Pump finanziert – heute liegt dieser Anteil bei zwölf Prozent. Der Schuldenstand je Einwohner würde sich von derzeit 5886 Euro auf 20300 Euro mehr als verdreifachen, so der Bericht. Zum Vergleich: Berlins Pro-Kopf-Verschuldung liegt derzeit bei 14800 Euro. Werden bereits jetzt 16 Prozent der Steuereinnahmen Brandenburgs für Zinsen fällig, würden dies infolge des Bevölkerungsrückgangs im Jahr 2020 rund 40 Prozent sein. Für Investitionen blieben, so die Prognose, nur noch acht Prozent des Landeshaushaltes – jetzt sind es noch 21 Prozent.

Neben der Krise der Staatsfinanzen weist der Demographie-Bericht vor allem auf dramatische Folgen für die dünn besiedelten Randregionen hin, die schon seit Jahren am Bevölkerungsrückgang leiden: Bis zum Jahr 2020 werden sie 244000 Menschen verlieren – rund 15 Prozent der bisherigen Bevölkerung. Bis 2040 werden es sogar rund 350000 Einwohner weniger sein, da die natürliche Bevölkerungsentwicklung – also die Geburtenzahlen – fast nicht zu beeinflussen ist. Die Randregionen, so die Prognose des Berichtes, werden deshalb langfristig ein Drittel ihrer Bevölkerung verlieren. Dabei erwarten die Experten bei diesem Szenario sogar, dass sich die bislang hohe Abwanderung aus diesen strukturschwachen Regionen in den nächsten Jahren verringern wird – ganz einfach weil dort immer weniger junge und mobile Menschen leben werden.

Auch werden zahlreiche Einrichtungen und Dienste in den Randregionen an ihre „Tragfähigkeitsgrenze“ stoßen, so die Analyse: Kitas und Schulen schließen, die Ärztedichte sinkt weiter, Geschäfte machen dicht. Ein „vergleichender Blick in skandinavische Länder“ zeige jedoch, „dass auch in Zukunft eine ausreichende Infrastrukturversorgung für dünn besiedelte Landesteile Brandenburgs möglich ist“, heißt es. Doch welche Maßnahmen dafür und gegen den Haushaltsnotstand eingeleitet werden müssten, lässt der Bericht offen. Eine Arbeitsgruppe soll bis Herbst konkrete Vorschläge erarbeiten.

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