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Brandenburg: Wenn Staus den Wochenendausflug verderben

BERLIN/POTSDAM (wvb).Die Region Berlin-Brandenburg wird in Zukunft immer mehr Kurzreisende anziehen.

BERLIN/POTSDAM (wvb).Die Region Berlin-Brandenburg wird in Zukunft immer mehr Kurzreisende anziehen.Das wird die verkehrliche Infrastruktur von Berlin und Brandenburg überfordern.Politiker, Landschafts- und Verkehrsplaner stehen vor einem Dilemma: Einerseits gehören Kurzreisen mit wenigen Übernachtungen zu einer Tourismussparte, die wächst.Andererseits braucht dieses Wachstum bestimmte Voraussetzungen, vor allem im Hinblick auf Transport, Verkehr und den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr.Diese aber sind in Berlin nicht besonders zukunftsträchtig und in der Region kaum gegeben.

So läßt sich ein Thesenpapier zusammenfassen, das der Verkehrswissenschaftler Wolfgang Heinze zu touristischen und verkehrlichen Entwicklungschancen von Berlin-Brandenburg formuliert hat.Heinze, Professor am Institut für Straßen- und Schienenverkehr der Technischen Universität, hält es für falsch, daß die Tourismusplaner in Brandenburg stark auf solche Reisende setzen, die über Wochen bleiben.Die Berliner wollten in Brandenburg ein bißchen um die Seen laufen und dann irgendwo einkehren.Das scheitert heute oft daran, daß keine Wanderwege angelegt sind, oder schon vorher: Immer mehr Leute fahren sonntags oder feiertags los und bilden Staus auf namenlosen Brandenburger Landstraßen.

Das Problem ist Heinze zufolge nur zu lösen, indem man den öffentlichen Nah- und den Regionalverkehr qualitativ stark verbessert.Verstärkter Straßenbau würde nicht ausreichen, selbst wenn das Land ihn bezahlen könnte.Doch dreht sich die Debatte über Verkehr und Tourismus Heinze zufolge ohnehin um die falschen Fragen: Heinze meint, daß man mit "mehr Freizeitverkehr" zu rechnen hat, ob man ihn will oder nicht, ob die verkehrlichen und touristischen Möglichkeiten vorhanden sind oder nicht.Die Leute fahren und fahren - das ist die Diagnose.Der Schluß, den der Wissenschaftler zieht: Man muß diesen Verkehr stärker kanalisieren und besser organisieren - durch konzentrierte Freizeit-Einrichtungen.Die Freizeit- und Einkaufszentren seien "kein Störungspotential, das nur Fläche kostet und Verkehr erzeugt"; sie böten vielmehr Chancen, "wieder Siedlungsentwicklung zu gestalten" statt dabei zuzusehen, wie um Berlin herum der Siedlungsbrei quillt.

Wer warum in der Freizeit sein Auto benutzt, ist längst erforscht.Ein großer Teil der Fahrten, die Individualreisende als Kurzurlaub unternehmen, könnte von Verkehrsmitteln übernommen werden, die Heinze als freizeitfähigen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bezeichnet.Er hat Kombinationen von Bahnen und Kleinbussen im Sinn.Doch nicht von der Art, die heute unter dem Motto: "In bestimmten Wagen dürfen Sie gegen strammen Aufpreis Ihr Fahrrad mitnehmen.Aber halten Sie es gut fest!" ihre Bahnen durch die Region zieht.Heinze sieht den ÖPNV von übermorgen als ein "Hochpreisprodukt", dessen Benutzung Vergnügen macht - unvorstellbar im gegenwärtigen Berlin-Brandenburg.

"Wenn man sehen will, wo sich was tut, muß man in die Wintersportorte gehen", sagt der Professor.Dort haben die Verkehrsorganisatoren jedenfalls längst Methoden entwickelt, um flexibel mit den verschiedensten Fahrbedürfnissen umzugehen - und größere Gegenstände zu transportieren.Zwischen solchen Wintersportangeboten und dem Gedanken, ein Kajak öffentlich von Berlin-Mitte an den Werbellinsee zu transportieren, liegen allerdings Welten.Dabei hält Heinze den zugleich naturschonenden und besucher-offenen Umgang der Brandenburger mit ihren Landschaften durchaus für richtig.Es sind nicht immer nur die Naturschützer, die Dämme gegen Besucherströme aus der Stadt errichten wollen - es sind die Verkehrsplaner, die mit altmodischen Angeboten auf moderne Nachfrage reagieren.Kein Wunder, daß von den 16 Beispielen der Neuorientierung des öffentlichen Freizeitverkehrs in dem Thesenpapier keines der Region Berlin-Brandenburg entnommen ist.

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