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Brandenburg: Wowereit will mehr Nachtflüge in Schönefeld

Senat macht sich für Lockerung des Verbots stark Grüne gegen Zugeständnisse zu Lasten der Bürger

Berlin – Euphorie sieht anders aus. Dafür, dass es am Donnerstag im Abgeordnetenhaus um das „Wunder von Leipzig“ ging, wie mehrere Redner das Gerichtsurteil zu Gunsten des Großflughafens BBI nannten, waren die Ansprachen bemerkenswert lustlos, obwohl alle Fraktionen das Urteil begrüßten. Von Feierstimmung angesichts des „riesigen Erfolgs für Berlin-Brandenburg“ (Klaus Wowereit) war wenig zu spüren.

Über die praktischen Folgen des Urteils gingen die Interpretationen auseinander – auch weil die schriftliche Begründung noch aussteht. Wie beispielsweise die Lärmschutzauflagen umgesetzt werden, liegt für den Senat jetzt vor allem in den Händen der Luftfahrtgesellschaften. Die forderte der Regierende Bürgermeister auf, nach der „Überreaktion“ der vergangenen Tage nun nach Möglichkeiten zu suchen, die vom Gericht beschlossenen Nachtflugbeschränkungen möglichst weit aufzuweichen.

Anders als es manche Gesellschaft dargestellt und deshalb mit Abzug aus Schönefeld gedroht habe, gebe es beim geplanten Großflughafen gar „kein absolutes Flugverbot“ für die Nachtstunden, sagte Wowereit. Die offizielle Presseerklärung des Bundesverwaltungsgerichts lasse zu, dass auch zwischen null und fünf Uhr geflogen werden dürfe, „wenn es gewichtige Bedarfsgründe gibt“. Im Interesse der Wirtschaft sei es nun an „der Flughafengesellschaft und insbesondere den Airlines, diesen Bedarf für nächtliche Start- und Landezeiten auch wirklich nachvollziehbar darzulegen“, sagte Wowereit und stellte sich damit gegen anders lautende Interpretationen, nach denen das Flugverbot ab Mitternacht auch als solches zu verstehen ist. In den Zeiträumen mit eingeschränktem Flugverkehr zwischen 22 und 24 sowie 5 und 6 Uhr sieht Wowereit ebenfalls keine absolute Beschränkung des Luftverkehrs, wie sie manche Airlines befürchtet hatten. Er habe „keine Zweifel“, dass die Fluggesellschaften die geforderten „nachvollziehbaren Gründe“ vorlegen können, die einen Flugverkehr zu jenen „Randzeiten“ erlaubten, sagte er.

Vor allem die Grünen aber auch die Linkspartei/PDS machten sich hingegen dafür stark, die vom Gericht erlassenen Beschränkungen zum Schutz der Anwohner nicht aufzuweichen. Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann warnte den Senat davor, den Fluggesellschaften gegenüber zu viele Zugeständnisse zu machen und die Nachtruhe der Anwohner ohne Not wieder in Frage zu stellen.

Grundlegende Zweifel an Bau und Finanzierung des Flughafens hegt der Senat jetzt nicht mehr. „Wir werden unser Ziel erreichen“, sagte Wowereit mit Bezug auf die geplante Eröffnung am 1. November 2011. Die Finanzierung sei gesichert, die Planung realistisch. Seine Aussicht: Der Flughafen bringt der Region neuen wirtschaftlichen Schwung. Sanfte Skepsis kam unter anderem von der CDU. Deren Verkehrsexperte Alexander Kaczmarek sagte, der Flughafen bringe nicht automatisch den Aufschwung. Und PDS-Fraktionschef Stefan Liebich erteilte dem „Traum von der Wundermaschine Schönefeld“ eine Absage, wenngleich die Gerichtsentscheidung die wirtschaftlichen Chancen der Region verbessere.

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