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Brandenburg: Wüstensöhne im Spreewaldkahn

Die irakische Nationalmannschaft kam vom Allgäu in die Lausitz, um gegen Cottbus zu spielen. Gefeiert wurden sie auch von Exil-Irakern

Von Sandra Dassler

Von Sandra Dassler

und Wolfgang Swat

Cottbus. Ein Dutzend Iraker im Spreewaldkahn – da zückten nicht nur die Pressefotografen ihre Kameras. Auch die Gäste im „Waldhotel Eiche“, wo die irakische Fußballmannschaft in der Nacht zum Sonntag logierte, ließen sich die Gelegenheit zu den Fotos nicht entgehen. Kinder umringten die Spieler, deren Zeit gerade für ein paar Autogramme und freundliche Worte reichte.

Ganze zwölf Stunden verbrachten die irakischen Fußballer in der Gemeinde Burg im Spreewald. Am Sonnabendmorgen waren sie von ihrem Trainingslager in Bad Wörishofen im Allgäu aufgebrochen. Bahnchef Klaus Mehdorn hatte der Mannschaft des deutschen Trainers Bernd Stange die Zugfahrt bis Leipzig gesponsert. Dort erwartete sie nicht nur Manfred Walter, der Gästebetreuer des Zweitligisten Energie Cottbus, sondern auch viele Exiliraker aus Sachsen.

So kam der Bus mit den ausgelassen singenden und musizierenden Sportlern erst kurz vor Mitternacht im Spreewald an. Rolf Seidel, Geschäftsführer vom „Waldhotel Eiche“, musste sich nochmals dreißig Minuten gedulden, denn zuerst zog es die Spieler auf ihre Zimmer. Schließlich sind sie alle Moslems und die Gebetsteppiche gehören einfach ins Gepäck. Am gestrigen Sonntagmorgen aber war Ausschlafen angesagt. Der Sponsor des Trainingslagers im Allgäu, Axel Morel, hatte einfach Frühstück und Mittagessen zusammenlegen lassen: Die Spieler kosteten vor allem Hühnchen und Reis. „Mit den berühmten Spreewaldgurken konnten sie sich nicht so richtig anfreunden“, erzählt Morel, „dafür schmeckte ihnen der Burger Honig um so besser.“

Das herrliche Sommerwetter hatte wohl auch seinen Anteil daran, dass mehr als dreitausend Zuschauer am Sonntagnachmittag zum Match kamen, sonst sind es bei Testspielen nur ein paar hundert. Manch einem unter ihnen war es egal, gegen wen Cottbus spielte – zum Beispiel Klaus Kahle aus Forst: „Ich will nur den neuen Torwart Georg Koch sehen.“ Andere kamen vor allem wegen der irakischen Nationalelf und wegen ihres Trainers. Uta und Bernd Groschke aus Cottbus freuten sich, „dass der Stange den Posten als Irak-Trainer nicht aufgegeben hat. Die Sportler können ja nichts für Saddam und wenn man diese Jungs spielen sieht, wünscht man sich, dass im Irak endlich Ruhe und Frieden herrscht.“

Das Stadion der Freundschaft machte an diesem Nachmittag seinem Namen alle Ehre. Die Kontrahenten auf dem Platz umarmten sich nach den gelegentlichen Fouls geradezu innig – auch Gregg Berhalter, der US-amerikanische Verteidiger von Energie Cottbus, machte da keine Ausnahme. Und die Zuschauer begrüßten die Mannschaft aus Bagdad mit langem freundlichen Beifall. Bernd Stange und Eduard Geyer hatten nichts anderes erwartet: „Das hier ist Sport. Es sind nur die Journalisten, die meinen, dass dieses Spiel etwas Besonders sei.“

Stimmt nicht ganz. Etwas Besonderes war der gestrige Nachmittag in Cottbus nämlich auch für eine Gruppe von etwa 30 Irakern, die als Asylbewerber in Cottbus leben. Inaf Ismail (24) und Fadya Hassan (34) beispielsweise haben sich im Irak nie zum Fußball getraut, weil „man da nie wusste, ob es Repressalien gibt, wenn die Mannschaft verliert.“

Unmittelbar nach dem Spiel fuhren die irakischen Fußballer wieder zurück. Ein paar bedauerten, dass ihnen keine Zeit für eine richtig lange Kahnfahrt blieb. Ihrem Trainer schien das allerdings recht gewesen zu sein. Er vermutet nämlich, dass die meisten seiner Jungs nicht schwimmen können. Aber welcher Mann gibt das schon zu?

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