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Brandenburg: Zehn Jahre nach dem Blutbad begann der Prozess

Mutmaßlicher Boss der vietnamesischen Zigarettenmafia wegen sechsfachen Mordes in Berlin vor Gericht

Der mutmaßliche MafiaBoss machte es kurz. „Ich möchte keine Aussage machen, ich habe nicht mitgemacht“, erklärte der 38-jährige Vietnamese und schwieg dann. Zehn Jahre nach einem Blutbad im Bandenkrieg um den illegalen Zigarettenmarkt muss sich Van Tiu T. seit gestern als Auftraggeber des Verbrechens vor dem Berliner Landgericht verantworten. Ihm und einem 41-jährigen Mitangeklagten wird gemeinschaftlicher Mord an sechs Landsleuten vorgeworfen.

Es war eine regelrechte Hinrichtung. Mehrere Männer stürmten am 29. März 1995 in einen Elfgeschosser an der Havemannstraße in Marzahn. In dem Wohnheim vermuteten sie Mitglieder einer konkurrierenden Bande. In einer Drei- Raum-Wohnung in der neunten Etage drückten sie gnadenlos ab. Sie töteten vier Männer und zwei Frauen, die sich in der Küche aufhielten. Der Befehl kam laut Anklage von Van Tiu T., dem mutmaßlichen Anführer der berüchtigten „Quang Binh“-Bande. Nach Erkenntnissen der Ermittler war es eine Mordaktion im Kampf um die lukrativsten Verkaufsplätze für unverzollte Zigaretten. T. soll seinen Gefolgsmännern befohlen haben, „möglichst viele“ Mitglieder der gegnerischen Bande zu töten. Ziel sei es gewesen, die von dieser kontrollierten Standplätze der Zigarettenhändler zu übernehmen und hohe Schutzgelder zu kassieren.

Jahrelang gab es keine Spur zu den Tätern. Erst im Jahr 2002 kam das Verfahren ins Rollen. Ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mann, der nach eigenen Angaben einst zu den Gefolgsleuten des Quang- Binh-Chefs zählte, wollte reinen Tisch machen. Er gab bei der Polizei zu Protokoll, dass er bei dem Blutbad in Marzahn als Fahrer eingesetzt gewesen sei. Nach seinen Angaben, so der Staatsanwalt, soll ein dreiköpfiges Killer-Kommando in die Wohnung der Opfer gestürmt sein. Der 41-jährige Angeklagte habe die Schützen beaufsichtigt.

Der Zeuge wurde gestern in den Gerichtssaal geführt. Aus der Ecke des mutmaßlichen, wegen anderer Morde bereits verurteilten Mafia-Bosses war da ein bedrohliches Zischen zu hören. Seit seiner Aussage steht der 37-jährige Zeuge unter besonderem Schutz. Die Richter wollten ihn befragen. Doch der Zeuge schüttelte den Kopf. Er wolle sich zunächst mit seinem Anwalt beraten, teilte er mit. Am 14. März soll er wieder als Zeuge vorgeführt werden. K. G.

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