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Wenn der ehemalige Nationalkicker Arne Friedrich persönlich vorbeischaut, sind die Schülerinnen und Schüler besonders motiviert, das Match zu gewinnen.

© Bürgerstiftung Berlin

VIF-Projekt: Gemeinsam wachsen

Ex-Fußballprofi Arne Friedrich und die Bürgerstiftung helfen geflüchteten und deutschen Kindern an Brennpunktschulen.

Der Junge backt zum ersten Mal in seinem Leben einen Kuchen. In seinem traditionell geprägten arabischen Elternhaus dürfen männliche Familienmitglieder nie in die Küche. Doch an diesem Tag ist der Junge mit einer Gruppe von 15 Kindern des Projekts „Verantwortung – Integration - Freundschaft“ in der Schulküche.

Mit professioneller Unterstützung eines ausgebildeten Kochs, backen sie gemeinsam. Der Junge strahlt, die anderen Kinder freuen sich mit ihm, und auch Tanja Schirmacher ist zufrieden. „Wenn Kinder solche Erfahrungen machen, ist das unheimlich wertvoll“, sagt die Pädagogin und Projektleiterin der Bürgerstiftung Berlin. Später haben alle Kinder zusammen gegessen und sich fröhlich unterhalten. Wunderbar! So soll es sein.

Es ist ein hoch ambitioniertes Projekt, das Ex-Fußballnationalspieler Arne Friedrich mit seiner gleichnamigen Stiftung angestoßen hat. Es richtet sich hauptsächlich an Kinder und Jugendliche; in den Fokus hat der Gründer die Themen Bildung und Gesundheit gerückt. Warum ihm VIF besonders am Herzen liegt, drückt Friedrich so aus: „Mit VIF schaffen wir spielerische Räume und die Möglichkeit, dass sich Kinder aus unterschiedlichen sozialen Schichten auf Augenhöhe begegnen.“ So könnten Berührungsängste abgebaut und gemeinschaftliches Zusammenarbeiten gefördert werden.

Pro Schulhalbjahr gibt es durchschnittlich 14 Termine

Bei dem VIF-Projekt kooperieren seine und die Bürgerstiftung Berlin seit 2015 zur Zeit an drei Berliner Ganztagsgrundschulen in sozialen Brennpunkten. Die Bürgerstiftung Berlin organisiert eine Struktur, welche Schule auch über das Projekt hinaus nutzen kann. Sie entwirft das individuell abgestimmte Programm, engagiert die nötigen Dozenten und trägt die Hälfte der Kosten. Die Arne-Friedrich-Stiftung übernimmt die verbleibenden 50 Prozent. Die betreffende Schule stellt den Lehrer oder Schulsozialarbeiter frei, der oder die das Projekt betreut.

Wirkung erzielt VIF durch Kontinuität und Verlässlichkeit. Pro Schulhalbjahr gibt es durchschnittlich 14 Termine, pro Woche ein Termin über zwei Stunden als AG (Arbeitsgemeinschaft) am Nachmittag.

Geboten wird den freiwilligen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zwischen acht und 12 Jahren eine Mischung aus eintägigen Aktionen wie Moosdruck, Plätzchenbacken oder Yoga. In der Regel gehen Angebote über zwei oder drei Termine. Um eine Gruppe von 15 Kindern im Papierschöpfen, Comiczeichnen oder dem Bau eines Modellflugzeuges anzuleiten, das am Ende fliegt: Das erfordert professionelles Know-how. „Wir haben einen großen Pool erfahrener Dozenten“, erklärt Tanja Schirmacher. Darin fänden sich freischaffende Künstler ebenso wie Ingenieure oder Sportlehrer, sogar ein ehemaliger deutscher Botschafter sei dabei. Der Pool wachse über die Jahre und sei offen für weitere interessante Angebote pädagogisch versierter Menschen.

„Im kleinen Maßstab lernen die Teilnehmer Demokratie“

Natürlich soll VIF den Kindern vor allem Freude machen. Dann sind sie motiviert und haben Lust, auch im darauf folgenden Schulhalbjahr teilzunehmen. „Und in der Kontinuität entstehen zwischen den Kindern festere Banden“, weiß Tanja Schirmacher. Es gebe natürlich auch übergeordnete Lernziele: Zu denen gehöre, dass die Kinder eigene Standpunkte entwickeln und lernen, diese auszudrücken und zu vertreten. „Im Miteinander des Projekts erfahren die Teilnehmer, dass sie eine Stimme haben, die gehört wird“, sagt die Pädagogin. Sie lernten, dass es in Gemeinschaften Abstimmungsprozesse braucht und wie die funktionieren. Besonders für Kinder aus Familien mit patriarchaler Struktur sei das wichtig. „Im kleinen Maßstab lernen die Teilnehmer Demokratie.“

Das abstrakte Lernen macht vielleicht nicht immer Spaß, ist aber wichtig fürs Leben. Auf der anderen Seite gibt es gelegentlich ein ganz besonderes Highlight, das anstrengende Momente vergessen lässt. Wenn Initiator und Stiftungsgründer Arne Friedrich die Zeit findet, arrangiert er ein Fußballmatch mit den Projektkindern – sie seien jedes Mal ganz begeistert. Ein dankbarer Nebeneffekt der Promiauftritte: Wenn der ehemalige Nationalspieler und Hertha BSC Kapitän und heutige Fußballtrainer kommt, dann kommen auch die Medien. Und das verhilft dem Projekt und den Stiftungen sowie den Schulen zu Publicity.

„Öffentlichkeit, die Unterstützung für unserer Arbeit bringt“, sagt die Projektleiterin, denn ein Großteil der Stiftungsarbeit finanziere sich durch Spenden Berliner Bürger und Unternehmen. Zudem erfahren andere Schulen von dem Projekt und bekommen Interesse, VIF auch an ihrer Schule durchzuführen. „In dem Fall können Lehrer oder Schulleiter sich einfach an die Bürgerstiftung Berlin wenden“, ermutigt Tanja Schirmacher potentielle Interessenten.

Andreas Monning

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