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Schlechte Sicht. Trotzdem wird in Tegel sicher gestartet und gelandet. Almuth Rehbein ist Fluglotsin und dirigiert die Maschinen auch am Boden. Ihr Job erfordert hohe Konzentration. Aber sie sagt: „Ich kann mir keinen schöneren vorstellen.“

© Thilo Rückeis

Wie funktioniert die Stadt? (2): Guck mal, wer da startet

Sie sind für Starts, Landungen und alle Wege zuständig, die Flugzeuge am Boden zurücklegen: die Lotsen im Tegeler Tower. Das klappt mit Radar und Sprechfunk. Aber häufig geht eben nichts über den Blick durchs Fernglas

Wie funktioniert die Stadt? Folge 2: Die FBB

Die Welt fliegt auf Berlin. Tegel und Schönefeld verzeichneten 2013 mehr als 26 Millionen Passagiere, 4,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Tegel verkraftete 4,2 Prozent mehr Abfertigungen. Der Hauptstadtflughafen BER wird dringend benötigt. Doch es wird Jahre dauern, ehe dort die erste Maschine abheben kann. Deshalb erklärt das Poster zu dieser Folge, das der Printausgabe des Tagesspiegels beiliegt, welche Abläufe an Berlins Airports täglich klappen – damit die Stadt eine (Flug)Reise wert bleibt.

Nebel. Viel ist nicht zu erkennen von den Pisten auf dem Flughafen Tegel. Auch nicht vom Tower aus, in dem die Lotsen der Deutschen Flugsicherung (DFS) sitzen. Sie sind zuständig für den landenden, startenden und rollenden Verkehr. Almuth Rehbein strahlt Ruhe aus. Sie überwacht in ihrer Schicht dieses Mal als Bodenlotsin den Verkehr auf den Rollwegen – nach der Landung in Richtung Terminal und vor dem Start in Richtung Pisten. Per Funk teilt sie dem Piloten mit, wohin er seine Passagiere bringen soll: direkt an eine Fluggastbrücke oder auf eine Position auf dem Vorfeld, wo die Fluggäste dann mit dem Bus abgeholt werden. Denn nicht immer können die Piloten ihre Maschinen so parken wie es der Flugplan vorsieht. Durch die großen Fenster kann Almuth Rehbein nun trotz des Nebels erkennen, dass die Maschine genauso rollt wie sie es vorgegeben hat. "Gut gemacht", murmelt die Lotsin. Ein Lob für den Piloten.

Das Lotsen erfordert vollste Konzentration

Selbst bei ganz dichter "Suppe", wenn auch die Lotsen im Tower mit bloßem Auge nichts mehr erkennen können, dürfen Maschinen Tegel anfliegen. Die Landung erfolgt ohnehin mit Hilfe von Instrumenten, die das Flugzeug auf den richtigen Kurs bringen. Unten angekommen, werden die Maschinen vom Bodenradar erfasst, das die Daten auf einen Monitor überträgt. Die Lotsen im Tower sehen, wie sich das Flugzeug bewegt. "Zusätzlich verständigen wir uns dann mit den Piloten, die uns per Funk ihre jeweilige Position durchgeben", sagt Rehbein. "Auch bei schlechter Sicht ist der Flugbetrieb also sicher. Nur können wir dann weniger Maschinen betreuen."

"Wir", das sind an diesem Morgen drei Frauen und zwei Männer in der Kanzel des Towers. Vier sitzen vor ihren Monitoren und Funkanlagen, einer macht Pause. Maximal zweieinhalb Stunden dürfen sie ohne Unterbrechung arbeiten, können sich dann in einen Ruheraum zurückziehen, in dem es auch eine Liege gibt. "Nach stressigen Stunden im Turm wird die tatsächlich genutzt", sagt Stefan Jaekel, Berliner Sprecher der Deutschen Flugsicherung.

Die Arbeit der Fluglotsen erfordert ein hohes Maß an Konzentration, auch wenn sie im Tower "nur" für den An- und Abflug und für den Verkehr am Boden zuständig sind. Denn ab einer Flughöhe von etwa 2500 Fuß (762 Meter) sind die Lotsen der Flugsicherung in Bremen für die Maschinen zuständig. Eine Freigabe für den Geradeausflug nach dem Start in der empfohlenen Höhe von 5000 Fuß oder 1524 Metern erteilen also die Bremer Lotsen. Dort sitzt eine von vier Kontrollzentralen der DFS – bis 2006 befand sich die zuständige Zentrale noch am Flughafen Tempelhof. Die Tegeler Lotsen haben es im Vergleich komfortabel: In Bremen sitzen die Kollegen in einem fensterlosen Raum und arbeiten nur mit der Technik.

Das Fernglas gehört zu den wichtigsten Instrumenten

Eben leitet der Platzkoordinator vom Dienst, Lothar Gregor, in Tegel einen Start ein: Er erteilt die Freigabe zum Anlassen der Turbinen und muss außerdem darauf achten, dass die Flugpläne eingehalten werden. Sein Platz ist in der Mitte des Raums, hinter den Kollegen. Der Platzkoordinator muss die Maschinen nicht unbedingt sehen. Rollt das Flugzeug, übernimmt der Bodenlotse die Kontrolle bis zum Startpunkt. Für die Pisten ist dann der Platzlotse verantwortlich. Beim Landen ist es umgekehrt, doch der Platzkoordinator greift dann nicht mehr ein. Boden- und Platzlotse sitzen in einer Reihe, mit einem Assistenten zwischen ihnen, der sie unterstützt. Ein weiterer Platz dient als Reserve. Benötigt wird er kaum. Die Anlagen sind zwar schon etwas in die Jahre gekommen, aber "sie arbeiten stabil", wie Rehbein sagt.

Sollte einmal der Funkkontakt ausfallen, würden die Piloten anhand eines Strahls aus einer "Lichtkanone" geführt, der Weiß, Rot oder Grün leuchten kann, erklärt Almuth Rehbein. Zwei dieser Lichtkanonen hängen im Raum – das ist in jedem Tower Vorschrift. Gebraucht werden sie eher selten. Ein anderes Instrument nehmen die Lotsen dagegen öfter in die Hand: das Fernglas. An jedem Arbeitsplatz liegt eines. Mit ihm können sie zum Beispiel prüfen, ob ein Fahrwerk ausgefahren ist, wenn ein Pilot sich da wegen eines technischen Defekts nicht sicher sein kann. Lotse zu werden, ist übrigens nicht einfach. Etwa 95 Prozent der Bewerber fallen bei dem fünftägigen Test in Hamburg durch. "Multitasking" zu beherrschen ist Voraussetzung. Ein Lotse muss im Job gleichzeitig mehrere Maschinen kontrollieren, ohne nervös zu werden. Wiederholt werden darf nur der Englischtest.

Die Printausgabe des Tagesspiegels ist ab dem 26.11.2014 auch als E-Paper erhältlich.

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