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COMPUTER Frage: Wie frei ist die Meinung im Netz?

Das kommt auf den Einzelfall an, sagt Michael Terhaag, Rechtsanwalt für IT-Recht. Es gibt bei der Meinungsfreiheit Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen.

Immer wieder werden in sozialen Netzwerken bestimmte Gruppen zum Meinungsaustausch gebildet. Ist das erlaubt, wenn erkennbar das Ziel verfolgt wird, damit bestimmte Personen oder Unternehmen zu diskreditieren?

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut – und das soll auch so sein. Aber natürlich gibt es auch hier Grenzen, die maßgeblich dann überschritten werden, wenn falsche Tatsachenbehauptungen verbreitet oder Personen unmittelbar diskreditiert oder sogar beleidigt werden.

In einem aktuellen Fall hatte ein Landrat eine öffentliche Facebookgruppe „Dauer-Leserbriefschreiber … for President“ gegründet, wobei er auch den tatsächlichen Namen des Betroffenen verwendete und den Bürger in der Gruppenbeschreibung als „Besserwisser“ bezeichnete.

Grundsätzlich steht das Recht auf freie Meinungsäußerung natürlich Personen der öffentlichen Hand zu. So ist rechtlich anerkannt, dass im Meinungskampf auch schärfere Kritik bis hin zur Polemik erlaubt sein kann, was allerdings immer sehr vom Einzelfall und dem Ton der zuvor womöglich ebenfalls veröffentlichten Leserbriefe abhängt. Wenn aber der normale Privatmann nicht eine zum Beispiel mit dem Namen seines Nachbarn versehene Gruppe mit dem Ziel gründen darf, hierin seinen Unmut zu äußern, dürfte das wohl erst recht auch für den Landrat als Amtsträger gelten.

Wie privat ist eine Facebook-Gruppe?

Die Facebookgruppe wird kaum mehr nur als seine private Tätigkeit anzusehen sein, womit er aber an teilweise strengeren Grundsätze als sonst zu messen ist, insbesondere dem sogenannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. An der erforderlichen Angemessenheit der Maßnahme darf jedoch sehr gezweifelt werden. Anders als zum Beispiel ein normal am alltäglichen Meinungskampf beteiligter Bürger wird sich ein Beamter nicht darauf berufen können, entsprechend zurückschießen zu können. Anders ausgedrückt sind Facebookgruppen unter Privatleuten zur Meinungsbildung durchaus zulässig, wenn die getroffenen Tatsachenaussagen wahrheitsgemäß sind und nicht zu sehr in die Privatsphäre eingreifen und Meinungsäußerungen nicht in Beleidigungen ausarten. Der öffentlichen Hand hingegen dürfte ein solches Verteidigungsmittel gegen arbeitsintensive Bürger kaum zustehen – schon gar nicht unter vollständiger Namensnennung.

Der Fall zeigt deutlich die vielfältigen Probleme im Bereich des Äußerungsrechts gerade in sozialen Netzwerken. Verschiedene, besonders sensible Interessen prallen aufeinander und sind regelmäßig gegeneinander abzuwägen.

Weitere Informationen insbesondere zum Äußerungsrecht im Internet finden Sie stetig aktualisiert bei unserem Fachmann unter der Website seiner Kanzlei www.aufrecht.de.

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E-Mail: computer@tagesspiegel.de

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