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Im Neuland gelten komplett neue Erfordernisse und Notwendigkeiten für den Datenschutz.

© Imago

Datenschutz: Freiheit braucht Sicherheit, auch im Netz

Datenschutz sollte man nicht vernachlässigen, mein Weber van Bebber. Gerade dann, wenn einem das Netz mit seinen Möglichkeiten mehr wert ist als eine Plattform für persönliche Profilbildung und Plattitüdenvermarktung. Eine Replik auf Mario Sixtus.

Die Forschungsarbeiten Edward Snowdens in den Servern seines früheren Arbeitgebers haben zwei kaum zu bestreitende Erkenntnisse gebracht: Das Netz ist nicht notwendigerweise ein Motor des gesellschaftlichen Fortschritts. Und die Freiheit, unsere gewohnte, geliebte Freiheit, stirbt bitweise. Soll heißen: Ausgerechnet die Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien haben uns durch die Datensammelsucht ihrer Dienste gezeigt, dass bürgerliche Freiheits- und Persönlichkeitsrechte im Netz nicht (mehr) gelten. Wer diese Rechte für schützenswert hält, kommt zu der Erkenntnis: Im Neuland gelten komplett neue Erfordernisse und Notwendigkeiten für den Datenschutz.

Das ist Konsens bei vielen Leuten, die erst euphorisch, dann immer skeptischer über das Netz nachgedacht haben. Mario Sixtus sieht das anders. Er postulierte vor einer Woche an dieser Stelle, Datenschutz sei ein nebulöser Begriff, ein „Hineininterpretiergefäß“ (schönes Wort, immerhin), ein „universeller Besorgnis- Terminus“, der „auf alles Digitale geklebt“ werde, ob es um „vermeintlich passende Werbung“ gehe, die man im Netz zu sehen bekomme oder um die massenhafte Speicherung von persönlichen Mails. Sixtus will sich mit Überlegungen dazu nicht belasten und deshalb auch weiterhin per Smartphone öffentlich bekannt geben, wo er sich aufhalte, ob im Kino oder beim Feierabendbier.

Datenschutz wird jeden Tag wichtiger

Soll er ruhig machen. Vielleicht gibt es ja genug Leute, die das interessant finden und die, wenn sie sich gerade nicht für den Aufenthaltsort von Mario Sixtus interessieren, davon twittern, dass sie Schwäne füttern. Das ändert aber nichts daran, dass man über Datenschutz genauer und intensiver denn je nachdenken sollte – gerade dann, wenn einem das Netz mit seinen Möglichkeiten mehr wert ist als eine Plattform für persönliche Profilbildung und Plattitüdenvermarktung. Datenschutz, ganz, ganz allgemein, wird jeden Tag wichtiger, denn die Datensammelfreude auch solcher Institutionen, die es nicht mit hammerharten Terroristen aufnehmen wollen, wird jeden Tag größer. Mag ja sein, dass nicht jeder gern mit Hineininterpretiergefäßen umgeht – der Begriff „Rechtsstaat“ ist auch so ein Hineininterpretiergefäß – das ändert nichts daran, dass täglich mehr hineingelangt in das Interpretiergefäß.

Werner van Bebber.
Werner van Bebber.

© Heinrich

Kleines Beispiel, Herr Sixtus, für den Weg vom Kino zum Feierabendbier und für den Fall, dass Sie den mit dem Elektroauto machen? Frank Pallas, Informatiker an der Technischen Universität und am Forschungszentrum Informatik des Karlsruher Instituts für Technologie, erforscht die Datenflüsse, die entstehen, wenn Leute mit dem Elektroauto fahren und dieses hier und da und dort aufladen: Umsonst-Bewegungprofile auf den Servern – von wem? Zu welchem Zweck? Pallas sagt, beim Datenschutz geht es nicht um den Schutz von Daten, „sondern um den Schutz von Menschen“. Man kann den Begriff Datenschutz, verbunden mit diesem Gedanken, nicht oft genug verwenden.

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