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Mit „grünem Lifestyle“ Marktführer im Digitalgeschäft werden, das will die SPD-Medienholding ddvg.

© Tsp

Digitalstrategie der SPD: Die Roten setzen auf Grün

Die SPD-Holding ddvg willm mit Nachhaltigkeit und Ökologie-Portalen punkten. Rechnen muss sich die Digitalstrategie später.

70000 Produkte von 1000 Marken, alles echt öko, das gibt’s nur im Netz, im Avocado Store. Die besten Ökostromanbieter oder Bio-Sonnencremes im Test, auf dem Tablet nachzulesen ist das bei Utopia. Die Roten sehen grün: Die beiden Internet-Firmen zählen ebenso wie das in die Jahre gekommene Printprodukt „Ökotest“ zur „Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft“ (ddvg) – und deren Eigentümer ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Die drängt nun mit Wucht ins digitale Geschäft.
Die Sozis und das Unternehmertum, das ging nicht immer gut: Mit der „Neuen Heimat“ legten sie am Wohnungsmarkt eine Megapleite hin. Auf der Habenseite steht das Modell der Genossenschaften, das bis heute zeigt, dass günstiges Wohnen wirtschaftlich sein kann. Das war allerdings eine Pionierleistung. Beim Einstieg ins Digitalgeschäft hinkt die SPD-Holding eher hinterher. Dafür glaubt sie eine Nische entdeckt zu haben und will dort Marktführer werden: Beim „grünen Lifestyle“, was so viel heißt wie: alles, was der politisch korrekte Konsument mit gutem Gewissen wissen und kaufen muss.

Die Einkaufstour der SPD begann vor zwei Jahren

„Wir beteiligen uns nicht irgendwo, sondern nur, wenn wir mit den Start-ups unsere Lokalzeitungen oder ,Ökotest‘ weiterentwickeln können“, sagt Christopher Koeppler, Geschäftsführer der „Green Lifestyle Group“. Das ist eine der beiden Digital-Töchter der SPD-Holding. Vor ungefähr zwei Jahren begann die Einkaufstour. Für einen einstelligen Millionenbetrag erwarb die Holding das Online-Portal Utopia, der digitale Ratgeber mit etwa 500 000 gesundheitsbewegten Besuchern im Monat. Außerdem stieg die Firma bei Avocado ein, einem Marktplatz für „nachhaltige“, fair gehandelte Produkte.

Koeppler macht keinen Hehl aus den Prioritäten: „Den höheren Umsatz und das bessere Ergebnis hat ,Ökotest‘, aber das stärkere Wachstumspotenzial Utopia.“ Und darauf setzt er. Die Frage nach dem wirtschaftlichen Erfolg beantwortet er so, wie es auf Roadshows von Start- up-Gründern zu hören ist: „Wir verzichten auf schwarze Zahlen und investieren in Wachstum und Reichweite. Alle Firmen könnten den Break-even erreichen.“ Das sieht der Chef der SPD-Holding ddvg Jens Berendsen ähnlich: „Erst mal kostet es etwas“, weil die Holding in Personal und Technik der Beteiligungen investiere. „Aber dann gehen die Wachstumsraten auch hoch.“ Nachhaltigkeit sei der eine Schwerpunkt der Geschäftsmodelle, „die wir an den Print andocken können“. Unter Druck setzen will man die Zeitungshäuser unter dem Dach der Holding damit nicht: „Das ist ein Angebot, das sie annehmen können oder nicht“.

Das ist ein Labor für unseren lokalen Zeitungen

Da wäre zum Beispiel der „digitale Flohmarkt“ Stuffle.it, der vergleichbar ist mit Ebay-Kleinanzeigen. Wer dort einen alten Computer ins Netz stellt, dem bietet die App gleichzeitig noch ein Inserat in der jeweiligen Lokalzeitung an, an der die SPD-Holding beteiligt ist. Das zweite Investment ist Locafox, das einen Überblick über den Bestand von Waren bei den Einzelhändlern in einer Region bietet, in der ein Verbraucher nach einem Produkt sucht. Koeppler sieht darin „ein Labor für digitale Strategien unserer lokalen Zeitungen“. Das nehme den oft unter Druck stehenden Printprodukten unternehmerische Verantwortung für Netzaktivitäten ab. Dass die SPD-Holding dringend Wachstum braucht, steht in der Bilanz der ddvg. Die Firma steht zwar im jüngsten bisher bilanzierten Jahr 2013 mit gut gefüllter Kriegskasse da und schiebt Millionengewinne vor sich her. Anderseits machen die Buchhalter keinen Hehl aus ihren Sorgen. Ein Bauchklatscher bei der Beteiligung am Kreuzfahrtschiff „MS Azores“, das Anlaufkosten verursacht, ist noch die geringste Sorge. Schwieriger sind die Einbußen im Verlagsgeschäft, wo die Holding Rückgänge bei Auflagen und Anzeigenumsatz ausgleichen muss. Die „unbefriedigende Geschäftsentwicklung im Kerngeschäft“, schreiben sie, zwinge zu einer „aktiven Beteiligungspolitik“, um „die Abhängigkeit des Konzernergebnisses von allein einer Branche zu reduzieren“.

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