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Hat drei Jahre lang den syrischen Bürgerkrieg als Fotograf dokumentiert: Autor Mohammed Albayoush.

© Mike Wolff

Zensur und Überwachung: Oh wie schön ist die Natur

Der Minister verreist, der Minister ist zurück: Was syrische Medien schreiben dürfen.

Wir schlugen die Zeitung auf und lasen immer das Gleiche: Wie schön die Landschaft ist, der wunderbare Obstbestand, die Flüsse, die Berge, das Meer – und überhaupt die Schönheit der Natur. Natur ging immer. Oder: Der Minister verreist ins Ausland; der Minister ist wieder zurück. Was er im Ausland genau machte, das erfuhren wir nicht. Die Presse war das direkte Sprachrohr der Regierung, das Megafon der guten Taten des Präsidenten. Staatlich verordnete Meinungsbildung, bei der kein Platz für freiheitliches Denken ist.

Journalisten waren die Schreiberlinge des Systems und erhielten diese Jobs auch nur über Beziehungen zu Regierungstreuen. Viele Journalisten konnten ihren Beruf nicht ausüben und schlugen sich mit kleinen Jobs durch. Es durfte nur veröffentlicht werden, was vorher streng geprüft worden war. Wer sich weiter vorwagte, wurde verhaftet und verschwand, niemand wusste wohin. Nur wenig stand in den Zeitungen über die gesellschaftlichen Zusammenhänge und nichts zu den Bedürfnissen der Bevölkerung. Zeitungen wurden deshalb kaum gelesen und das Papier eher zum Fensterputzen verwendet. Bis auf eine Tauschbörsenzeitung mit An- und Verkaufsangeboten, die sehr intensiv studiert wurde, wurde die öffentliche Berichterstattung belächelt.

Heute fürchten wir Exil-Syrer uns vor der Überwachung in den sozialen Medien wie Facebook oder Whatsapp. Unverfängliche Posts, die hier in Deutschland veröffentlicht werden, können harte Konsequenzen für die verbliebenen Angehörigen haben, bis hin zu Verhaftungen. Das Ringen um Freiheit geht weiter.

Der Autor ist seit 2015 in Deutschland, er hat drei Jahre lang den syrischen Bürgerkrieg als Fotograf dokumentiert. Der Artikel ist in der Beilage „Wir wählen die Freiheit“ mit Texten von Exiljournalisten am 8. September 2017 erschienen. Die Beilage entstand im Rahmen des Projekts #jetztschreibenwir des Tagesspiegels, in Kooperation mit der Friedrich-Naumann-Stiftung und der Robert Bosch Stiftung.

Mohammed Albayoush

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