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Dänemark als Partnerland der VeloBerlin: Sie haben einen Plan

Mächtig gewaltig: Die Ausstellung "The Good City" zeigt ab Samstag auf der VeloBerlin Verkehrskonzepte aus Kopenhagen. Die dänische Hauptstadt gilt als Musterbeispiel einer fahrradfreundlichen Stadt - und will den Fokus aufs Rad noch verstärken.

Es wird nicht gebrüllt, nicht gemaßregelt und auch nicht angeschnauzt in Kopenhagen. "Mit dem Fahrrad nicht in den ersten Wagen" wird in Kopenhagen keinem zweirädrigen Metro-Fahrer durch die Gehörgänge schallen – nicht nur, weil die U-Bahn der dänischen Hauptstadt automatisch läuft und so dank des Wegfalls übellauniger Fahrer in dieser kleinen Kabine am Zuganfang auch ebenjenen ohnehin verzichtbaren zwischenmenschlichen Kontakt verhindert.

Nein, Kopenhagen zeigt sich als ein wahres Paradies für all jene, die auf zwei Rädern Metropolen erkunden wollen. Die Stadt und ihr Umland gelten als fahrradfreundlichste Region der Welt. Einzig Portland im mittleren Westen der USA und Amsterdam können da statistisch vielleicht noch mithalten mit dem Siedlungsgebiet rund um die dänische Hauptstadt mit ihren gut 1,2 Millionen Einwohnern.

Ziel: Weltbeste Fahrradstadt

Das Rad ist seit jeher das wichtigste Verkehrsmittel der Stadt: 36 Prozent aller Pendlerwege werden auf dem Zweirad zurückgelegt, Tendenz steigend. 2011 wurde von der Politik die Zielsetzung ausgegeben, bis Ende 2015 endgültig die weltbeste Fahrradstadt zu werden. Unter den besten drei Radfahrstädten weltweit ist Kopenhagen bereits Dauergast.

Wie der Durchbruch zur Spitze aussehen könnte, zeigt auf der VeloBerlin die Wanderausstellung "The Good City", die sich seit Jahren mit Konzepten, Entwürfen und Ideen zur immer prominenteren Rolle des Fahrrads im Alltag auseinandersetzt. "Wir behandeln besonders die Zukunft des Radfahrens", sagt Lasse Schelde vom "Bicycle Innovation Lab", das federführend in der Ausstellung ist.

In das Projekt sind Designer, Fahrradverbände, Umweltorganisationen, Architekten, staatliche Einrichtungen wie das Kopenhagener Verkehrsamt und Forscher verschiedener Universitäten eingebunden.

"Langfristige Entwicklung"

"Uns geht es um die Frage: 'Wie erreichen wir die nächste Stufe?' Es setzen sich ja schließlich nicht mehr Leute auf den Sattel, wenn einfach mehr Fahrradläden eröffnet werden. Die Entwicklung muss langfristig angelegt werden." Hier werden Mobilität, Fortbewegung und Verkehr auch als Weg zu höherer Lebensqualität gesehen.

"Der Verkehr an sich ist nicht Ziel, aber Mittel, die Städte zu erschaffen, in denen wir gerne leben wollen und die unsere Gesellschaft voranbringen", sagt Schelde. "Die Planung des Verkehrs sollte sich deswegen nicht mit dem Ausbau der Auto-Infrastruktur beschäftigen. Gleichzeitig mit dem Wachstum der Städte brauchen die Menschen mehr Platz zum Leben und zur Bewegung. Hier sind das Fahrrad und andere kleine Fahrzeuge von zentraler Bedeutung und wesentlich nachhaltiger."

Themen wie Wirtschaft, Mobilität und Stadtentwicklung stehen im Fokus der Ausstellung. Eine Zeitleiste zeigt die Evolutionsgeschichte des Zusammenwirkens von Fahrrad und urbanem Leben. Auch die Sicherheit steht für Schelde im Vordergrund: "In den USA kommen jährlich bis zu 35 000 Menschen bei Autounfällen ums Leben – das ist doch eine beängstigende Zahl. Gerade in der Stadt muss eine gefahrenlose, entspannte Fortbewegung möglich sein", sagt Lasse Schelde.

Nachholbedarf in Berlin

Mit der Wanderausstellung hat der Mobilitätsforscher unterschiedliche Erfahrungen gemacht. "Der Politik sind in vielen Ländern die Hände gebunden", sagt er. "Gerade in Nationen mit einer ausgeprägten Autoindustrie wird immer an die vielen Arbeiter in den Betrieben gedacht, die ja alle potenzielle Wähler sind – mit denen will man es sich nicht verscherzen."

In der Autoindustrie sieht Schelde aber auch einen möglichen Verbündeten. "Viele Konzerne haben mittlerweile verstanden, dass es nicht die Spitze der Evolution der Fortbewegung sein kann, große SUVs und PS-Protze zu bauen, die einzig im Benzindurst Spitze sind. Kleine Stadtwagen mit geringem Verbrauch und alternative Antriebe begrüßen wir", sagt er. Auch in der Fahrradentwicklung würden Hersteller wie Audi oder Porsche mittlerweile mitmischen.

Übrigens gibt es nach dänischen Standards auch in Berlin Nachholbedarf: "Die Fahrradwege in Berlin sind oft sehr unübersichtlich", beklagt Schelde. "An vielen Stellen muss man plötzlich vom Fahrradweg auf die Straße oder den Fußweg wechseln. Das bereitet allen Verkehrsteilnehmern Probleme." Generell aber sei die Stadt scheinbar aber auf gutem Wege, "Heute gibt es im Stadtbild eine weit größere Zahl Radfahrer als noch vor Jahren." Dass auch in der Berliner U-Bahn irgendwann vielleicht nicht mehr "Mit dem Fahrrad nicht in den ersten Wagen" gebrüllt wird, könnte da der nächste kleine Schritt sein.

Was die VeloBerlin so alles zu bieten hat

Zweirad-Konsum. Auf der Velo sind die Kunden eingeladen, sich die Neuheiten der Branche anzusehen - und auch zu kaufen. Rund 15 000 Besucher werden erwartet.
Zweirad-Konsum. Auf der Velo sind die Kunden eingeladen, sich die Neuheiten der Branche anzusehen - und auch zu kaufen. Rund 15 000 Besucher werden erwartet.

© Promo

"Der Trend zum Fahrrad" steht im Mittelpunkt der VeloBerlin in diesem Jahr – und daher werden die wichtigsten, brennendsten und wegweisendsten Fragen, Entwicklungen und Konzepte rund um das Zweirad im Alltag behandelt. Auf Testparcours können Räder in all ihren Variationen ausprobiert werden, von der faltbaren Lösung über Familienvelos bis hin zu den Möglichkeiten eines "Custom Bikes". Die Sonderschau VeloTransport illustriert Lösungen für urbane Logistik und mehr im Bereich der Lastenrader und e-Lastenräder, mit dem Fokus auf Familien und Paket- und Kurierdiensten.

Partnerland der diesjährigen Messe ist Dänemark, und so lädt die Königlich Dänische Botschaft zusammen mit dem Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur und vielen weiteren Partnern zum Austausch und zum Blick über den Tellerrand hinaus ein. Die Ausstellung "The Good City" zeigt Projekte und Zukunftspläne rund um Kopenhagen – die dänische Hauptstadt will bis 2015 die fahrradfreundlichste Stadt der Welt werden. Einfache Konzepte, Ideen und detaillierte Einblicke in die Geschichte der Fahrradkultur in Dänemark sollen den Vorbildcharakter veranschaulichen und unterstreichen, dass Veränderung auch in dicht besiedelten Ballungszentren möglich ist.

Daneben präsentieren über 50 E-Bike-Hersteller wie Kettler, Pegasus oder Riese ihr Tafelsilber, zeigen Innovationen und Neuerungen im Bereich der Elektroräder und Pedelecs. Auch hier kann auf dem Testkurs im Innenhof des Messegeländes ausprobiert werden. Als eine der größten Innovationen gilt das "ST2" von BMC/Stromer, das nicht nur mit Apps arbeitet, sondern nach Werksangaben eine Reichweite von 150 Kilometern hat.

"Pumptrack" und Service der Polizei

Freunde gepflegter Fahrradkultur werden sich auch über die Rückkehr des Hollandrads freuen – die Renaissance des Klassikers hat viele Hersteller zu Designs in frischen Farben und kreativen Accessoires angeregt. An beiden Veranstaltungstagen werden beim VeloBerlin Film Award und auf der VeloArt künstlerische Annäherungen ans Thema gezeigt, die Kür der Gewinner im Filmwettbewerb erfolgt am Sonntagnachmittag.

Fragen zu Mobilität und Technik behandeln die Bereiche Navi + Apps und Metromobile, ob GPS-Ortung, Bike- und Carsharing oder die immer weiter fortschreitende Vernetzung im städtischen Verkehr. Fürs Rahmenprogramm sorgen Organic Catering, Coffee Bike und eine Suppenverkostung, ein Kleinkindparcours und ein "Pumptrack" speziell für BMX-Räder und Dirtbikes.

Die Berliner Polizei bietet nicht nur einen Jugendparcours mit Verkehrsschule, sondern auch einen Service zur Fahrradcodierung, bei dem das eigene Rad diebstahlsicherer gemacht werden kann. Ab 12 Uhr am Samstag startet bei gutem Wetter eine geführte Radtour vom Brandenburger Tor zur Messe, mit kostenlos bereitgestellten Rädern vom Bikesharing-Projekt Bikesurf. ded

Der Ort:

Messe Berlin / Eingang Ost

Messedamm 22, 14055 Berlin

Anfahrt:

U-Bahnhof Kaiserdamm oder Theodor-Heuss-Platz, Bus X34, X49, M49, 104, 139, 218, 349, S-Bahnhof Messe Nord/ICC

Öffnungszeiten:

Samstag, 29.3.2014, 10–18 Uhr

Sonntag, 30.3.2014, 10–18 Uhr

Preise:

Tageskarte 9 Euro, ermäßigt 7 Euro

Nachmittagsticket (ab 15 Uhr) 6 Euro

Kinder bis 15 Jahre haben freien Eintritt

Zeitplan:
Samstag:

VeloArt (Halle 13) 10–18 Uhr, VeloTransport (Halle 15) 10–18 Uhr, Radreisen (Halle 16) 10–18 Uhr, Partnerland Dänemark (Halle 16) 11–13 Uhr, Service zur Fahrradcodierung (Fahrradparkplatz vor der Messe Berlin) 11–18 Uhr, VeloBerlin Film Award (Halle 15) 13.30–16 Uhr; Sonderschau Metromobile (Halle 14)

Sonntag:

VeloArt (Halle 13) 10–18 Uhr, VeloTransport (Halle 15) 10–18 Uhr, Radreisen (Halle 16) 10–18 Uhr, Partnerland Dänemark (Halle 16) 11–13 Uhr, Service zur Fahrradcodierung (Fahrradparkplatz vor der Messe) 11 - 18 Uhr, VeloBerlin Film Award Preisverleihung (14 Uhr) und Gewinnerfilme (Halle 15) 12.15–15.30 Uhr;Sonderschau Metromobile (Halle 14)

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