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Vorwürfe: Rätsel um Kontrolle der S-Bahn-Räder

Die S-Bahn bleibt ein Mysterium: Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) wirft dem Unternehmen wie berichtet vor, seit zehn Jahren bei der Kontrolle von Bremsen an Zügen geschlampt zu haben. Langgediente S-Bahner weisen dies jedoch entschieden zurück.

Fest steht, dass die 30 betroffenen Wagen der Baureihe 485, die einst für den Ostteil der Stadt entwickelt worden waren, außer Betrieb genommen worden sind, bis die Kontrollen wie vorgeschrieben nachgeholt sind.

Die damalige S-Bahn-Geschäftsführung habe sich 2000 selbst verpflichtet, die Räder per Wirbelstrom auf mögliche Risse zu prüfen, hatte EBA-Sprecher Ralph Fischer am Freitag erklärt. Nach derzeitigen Erkenntnissen habe man sich aber auf Sichtkontrollen beschränkt. Zuvor hatte es bei einem in den 30er Jahren gebauten Zug einen Radbruch gegeben.

S-Bahner, die das Unternehmen seit Jahren kennen, wussten auf Anfrage aber nichts von einer solchen Selbstverpflichtung. Dieser Begriff habe damals gar nicht zum Sprachgebrauch bei der S-Bahn gehört, sagte ein Fachmann.

Die Räder aller Züge seien damals in der Hauptwerkstatt Schöneweide regelmäßig geprüft und bearbeitet worden. Dafür hatte es eine große Radsatzwerkstatt geben. Diese wurde aber innerhalb des vom Konzern entwickelten „Optimierungsprogramms“ für die S-Bahn aufgegeben. Die Hauptwerkstatt sollte komplett geschlossen und ihre Aufgaben verlagert werden. Erst jetzt in der Krise hat der Standort wieder eine Bestandsgarantie bis Ende 2017 erhalten. Dann läuft der Verkehrsvertrag mit dem Senat aus.

In der Radsatzwerkstatt seien die Räder spätestens nach sechs Einsatzjahren bearbeitet worden, ausnahmsweise in Einzelfällen auch vielleicht erst nach acht Jahren. Zehn Jahre ohne Kontrolle seien die Räder jedenfalls nie gelaufen, sagte der Fachmann.

Die damalige Geschäftsführung unter der Führung von Günter Ruppert äußert sich dazu nicht. Sie ist vom Bahnvorstand zum Schweigen verdonnert worden. Ruppert hatte das Unternehmen 2007 verlassen müssen, weil er den rigiden Sparkurs nicht mitgetragen hatte. Zuvor musste der erfahrene Eisenbahner bereits 2005 die Zuständigkeit für den technischen Bereich an Ulrich Thon abgeben, der das Sparprogramm mitentwickelt hatte.

Nach heftigem Widerstand gegen diesen Kurs vor allem durch den Betriebsrat hatte Thon die S-Bahn im vergangenen Jahr verlassen müssen – gerade noch vor dem Ausbruch der Krise. Während seine damaligen Mitgeschäftsführer im Juli geschasst wurden, durfte sich Thon einen Monat vorher über eine Beförderung freuen. Er ist nun bundesweit aus Frankfurt (Main) für alle Fahrzeuge im Nahverkehr der Bahn zuständig. Aus der Ferne auch wieder für die Züge der S-Bahn.

Dass die Bahn versuche, der früheren Geschäftsführung der S-Bahn unter der Leitung von Ruppert die Schuld für das heutige Desaster zuzuschieben, grenze an „Rufmord“, hatte vor kurzem der Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), Hans-Werner Franz, kritisiert. Klaus Kurpjuweit

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