zum Hauptinhalt

Wartungschaos: Jetzt soll die BVG den Schienenkollaps verhindern

Die BVG streicht ihren Ferienfahrplan und setzt zusätzliche Busse ein, um die Folgen der Zugausfälle bei der S-Bahn zu mildern. Das Eisenbahnbundesamt verteidigt seine strengen Wartungen.

Der verstärkte Einsatz der BVG sowie von Regionalzügen und Bussen der Deutschen Bahn sollen die Folgen des eingeschränkten S-Bahn-Verkehrs abmildern. Dies ergab ein Spitzengespräch zwischen Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer und den Geschäftsführern von BVG, S-Bahn und des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg. „Auf meine Bitte hin wird die BVG weitgehend darauf verzichten, nach Ferienfahrplan zu fahren“, sagte Junge-Reyer nach dem Treffen. Die BVG werde „alle verfügbaren Busse aus den Depots holen“. Diese sollen die X- und M-Linien verstärken, die durch die S-Bahnausfälle besonders gefragt sind. Auch die Tramlinien würden verstärkt. Bei den U-Bahnen werde die BVG „das derzeitige Optimum“ anbieten. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg riet Nutzern des Öffentlichen Nahverkehrs, sich ab Montag „unbedingt vor Fahrtantritt zu informieren, welche S-Bahnen fahren“. Wie berichtet fallen mehrere Linien ganz aus.

Die Grünen forderten den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit dazu auf, die „offenbar völlig überforderte Senatorin Junge-Reyer zu entlassen“. CDU-Fraktionschef Frank Henkel sagte: „Junge-Reyer steht zu Recht in der Kritik, aber sie ist nur das Bauernopfer.“ Wowereit selbst habe die Probleme verschleppt und sei politisch verantwortlich. SPD-Landeschef Michael Müller kritisierte die „Unternehmenspolitik der Bahn“. Die Mobilität der Bürger sei Renditeinteressen untergeordnet worden. Kritik der Opposition, die Verträge des Landes mit der S-Bahn seien vom Senat schlecht ausgehandelt worden, wies er zurück. Der Kollaps sei eingetreten, weil die Züge gar nicht mehr fahren.

Ursache sind Wartungsarbeiten und Reparaturen an den Rädern der S-Bahn-Züge der Baureihe 481. Nach Tagesspiegel-Informationen war bei den vom Eisenbahnbundesamt angeordneten Untersuchungen im Juni ein weiterer Riss in einem Rad entdeckt worden. Das bestätigte das Amt auf Anfrage. Das Ausmaß des Risses hätte „leicht zu einem Unfall führen können“, so Sprecher Ralph Fischer. Die Wartungsvorschriften hatte das Amt infolge des Radbruchs im Mai der S-Bahn auferlegt. „Wenn es nach Lehrbuch ginge, dann stünde die Baureihe 481 der S-Bahn heute kaum noch zur Verfügung“, so Fischer. Alle Wagen müssten eigentlich aus dem Verkehr gezogen und neue Räder montiert werden. Denn deren Laufleistung ist nach Messungen der Behörde überschritten. Die Räder müssten nach 650 000 Kilometer ausgetauscht werden, die S-Bahn habe die Intervalle aber nur auf alle 1,2 Millionen Kilometer ausgelegt. Das Entgegenkommen begründete Fischer mit „Verhältnismäßigkeit“. Eine Gefährdung der Sicherheit sehe er nicht. Denn die S-Bahn sei dazu verpflichtet, Räder alle sieben Tage zu kontrollieren. Dadurch seien Schäden durch Steinschlag oder Risse frühzeitig zu erkennen.

Weil die Wagen und Räder seit 1997 in Betrieb sind, ist die Gewährleistung laut Hersteller Bombardier längst abgelaufen. Bombardier unterstützt aber mit 17 Mitarbeitern die verstärkten S-Bahn-Wartungen. Laut „Radsatzfabrik Ilsenburg“ werden auf jeden Radsatz fünf Jahre „Gewährleistung“ gegeben. Räder wie diese würden nur nach Berlin ausgeliefert. Beide Hersteller versichern, dass alle Normen und Vorschriften eingehalten wurden. Aufsichtsbehörden und S-Bahn hätten dies bestätigt. Allerdings müssten die Fahrzeuge regelmäßig gewartet und Räder bei Verschleiß ausgetauscht werden. Zurzeit wird noch geklärt, ob das gebrochene Rad bereits stark verschlissen war.

Zur Startseite