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Winter-Chaos: Abgeordnete wälzen Schnee von gestern

Das Chaos auf den Straßen hat wohl Konsequenzen. Alle Parteien sind sich einig: Das Chaos der Zuständigkeiten beim Winterdienst soll ein Ende haben.

Sieben Grad plus in Mitte, 6 Grad in Dahlem: Montagnachmittag schmolzen Schnee und Eis so schnell dahin, dass es an den Straßenrändern und in Gullys laut plätscherte. Feuerwehr und Unfallärzte konnten sich unterdessen vom Winterstress entspannen. Die Zahl der Knochenbrüche, die im Unfallkrankenhaus Marzahn nach Stürzen auf dem Eis versorgt werden mussten, war schon am Wochenende stark zurückgegangen, die Feuerwehr musste gestern nur noch „ganz wenige gefährliche Schneebretter und Eiszapfen“ beseitigen. Doch während draußen der strenge Winter merklich abklang, wurde im Abgeordnetenhaus noch mal kräftig der Schnee von gestern auf die Schippe genommen. Der Verkehrsausschuss debattierte stundenlang das Eis-Chaos der vergangenen zwei Monate.

Die Hauptkritik richtete sich gegen die unübersichtlichen Zuständigkeiten im Berliner Winterdienst. Dass jeder Hauseigentümer – ob privat oder öffentlich – seine eigene Räumfirma beauftragen könne, nannte der SPD-Abgeordnete Holger Thärichen die „ineffektivste Methode“. Einig waren sich alle Beteiligten, dass die Privatfirmen, vor allem die kleineren, völlig versagt hätten. Darunter litt auch der Bezirk Mitte. Stadtrat Carsten Spallek (CDU) gestand ein, dass sich von den etwa 600 Anzeigen im Bezirk wegen schlecht geräumter Flächen ein Großteil auf bezirkseigene Grundstücke bezog. Die beauftragte Räumfirma werde man sicherlich nicht noch einmal einsetzen.

Daniel Buchholz von der SPD forderte eine Diskussion darüber, ob der Winterdienst auf Gehwegen der BSR übertragen werden könne. Diese könnte dann bezirksweise oder nach Straßenzügen die Aufträge wiederum an Private vergeben. Dieses Modell würde das Chaos der Zuständigkeiten verhindern. Dieter Blümmel vom Verband der Haus- und Grundstückseigentümer wandte ein, dieses Modell würde wegen der höheren Qualitätsstandards der BSR das Mehrfache kosten. Er kritisierte, das Land Berlin mache es sich als Eigentümer der Gehwege einfach, indem es den Winterdienst auf die Anlieger „abwälze“. Die Reinigung der Gehwege im restlichen Jahr werde ja auch von der BSR übernommen.

Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) nannte die Zustände auf den Gehwegen „eine absolut unerträgliche Situation“. Sie wies den Vorwurf der Oppositionsparteien CDU und Grüne zurück, dass der Senat dies zu verantworten habe. „Viele Hauseigentümer sind ihren Pflichten nicht nachgekommen“, sagte die Senatorin.  Anfang März werde es in ihrem Haus ein Spitzengespräch mit Verantwortlichen geben, kündigte sie an. Notwendig seien auch Änderungen im Gesetz zum Winterdienst. Man müsse eindeutiger regeln, welche Verpflichtungen die Hausbesitzer haben. Auch die Zuständigkeiten bei den Haltestellen der BVG müssten dringend vereinheitlicht werden. Wie berichtet, sind derzeit je nach Lage der Haltestelle die BSR oder Anlieger zuständig.

BSR-Chefin Vera Gäde-Butzlaff sprach von einer „absolut außergewöhnlichen Schneesituation“ für Berlin, die schlimmer gewesen sei als in München oder Hamburg. Statt regulär 100 000 bis 270 000 Einsatzstunden habe die Stadtreinigung in diesem strengen Winter bereits 430 000 Stunden geleistet. Dabei wurden rund 16 000 Tonnen Split und 30 000 Tonnen Salz eingesetzt. Den zusätzlichen Aufwand werde das Land bezahlen müssen. Auf die Gebühren für Anlieger würden die Kosten nicht umgelegt.

Nun hofft die BSR auf das beginnende Tauwetter. Die verbliebenen Eisflächen jetzt mühsam per Hand wegzuhacken, sei ein unverhältnismäßiger Aufwand, sagte Gäde-Butzlaff. Vorrangig sei in den nächsten Tagen, zehntausende Gullis frei zu halten, damit Schmelzwasser ablaufen könne.

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