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Kinderbetreuung: Erzieher verzweifelt gesucht

Laut Bildungsgewerkschaft GEW fehlen bis 2015 rund 5000 Fachkräfte. Schon jetzt stehen Bezirken Räume zur Verfügung, aber zu wenige Pädagogen.

Nach Berechnungen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fehlen in Berliner Kitas bis zum Jahr 2015 rund 5000 Erzieher. Schon jetzt könnten in vielen Einrichtungen Stellen aus Mangel an geeigneten Bewerbern nicht besetzt werden. Verschärft wird die Situation durch den geplanten Ausbau der Betreuungsplätze. Wie berichtet, will der Senat 19 000 zusätzliche Kitaplätze bis zum Jahr 2015 schaffen. Die Regierungskoalition will Eltern von Drei- bis Sechsjährigen einen Ganztagsplatz garantieren, zudem gibt es bereits ab 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Durch den Ausbau der Ganztagsschulen und die Einführung der Hortbetreuung der Fünft- und Sechstklässler steigt der Bedarf an Erziehern zusätzlich. Hinzu kommt, dass das pädagogische Personal in Berlin überaltert ist. Nur 37 Prozent der Erzieher sind unter 40 Jahre alt, acht Prozent weniger als im Bundesschnitt.

Thorsten Metter, Sprecher der Bildungsverwaltung, hält die Prognosen der GEW indes für falsch. „Allein bei der Berechnung des Bedarfs für den Ausbau der Kitaplätze geht sie von rund 1200 Erziehern mehr aus als die Senatsverwaltung“, sagte er. Ohnehin sei der Erziehermangel in Berlin bei Weitem nicht so eklatant wie in anderen Bundesländern. Der Senat will an den Erzieherfachschulen mehr Ausbildungsplätze schaffen und verstärkt für den Erzieherberuf werben. Erst vergangene Woche sei eine weitere Fachhochschule eröffnet worden. Zudem sollen weiter Quereinsteiger gefördert werden, die berufsbegleitend ausgebildet würden.

„Wir begrüßen die Quereinsteiger“, sagte Christiane Weißhoff von der GEW. Sie gibt allerdings zu bedenken, dass diese in Kitas bereits jetzt voll auf den Personalschlüssel angerechnet werden, obwohl sie noch keine ausgebildeten Fachkräfte seien. Nach Ansicht der GEW müsse vor allem die Attraktivität des Erzieherberufs erhöht werden. „Die Arbeitsbedingungen müssen verbessert werden, den Erzieherinnen muss Vor- und Nachbereitungszeit gewährt werden“, sagt Weißhoff. Nur rund 660 der insgesamt 20.683 Erzieher in Berlin seien älter als 60 Jahre, das sei ein Indiz dafür, dass der Verschleiß und die Arbeitsbelastung zu groß seien. „Viele schaffen es nicht länger“, sagte Weißhoff. Der Hauptgrund für den Erziehermangel liege aber in der schlechten Bezahlung. Eine Erzieherin verdient als Berufsanfängerin in Berlin 2078 Euro, das Höchstgehalt ist 2678 Euro. In Brandenburg verdienten Erzieher berechnet auf 40 Berufsjahre knapp 80 000 Euro mehr. Diese Gehaltsunterschiede machten sich besonders in den Randbezirken bemerkbar, sagt der Jugendhilfeplaner in Wilmersdorf, Heinz Wolfframm. Viele Erzieherinnen würden lieber ein paar Kilometer weiter fahren und eine besser bezahlte Stelle in Hennigsdorf oder Oranienburg annehmen.

In welchen Bezirken ist es besonders schwer, einen Kita-Platz zu bekommen?

Wie viele Plätze und Erzieher in den Bezirken tatsächlich fehlen oder künftig benötigt werden, lässt sich derzeit noch schwer abschätzen. In Neukölln beispielsweise gebe es derzeit 10.300 belegte Kitaplätze, sagte Bezirksstadtrat Falko Liecke (CDU), allein von den Räumlichkeiten wären aber 2000 Plätze mehr möglich. Doch diese könnten vor allem wegen des Erziehermangels nicht genutzt werden.

In anderen Bezirken sieht es ähnlich aus. In Wilmersdorf könnten rein rechnerisch noch 500 Plätze belegt werden, in Steglitz-Zehlendorf waren im Jahr 2010 rund 700 vorhandene Plätze nicht vergebbar, selbst im geburtenstarken Pankow gäbe es theoretisch noch Kapazitäten. Bezirksstadträtin Christine Keil sagt allerdings: „Es gibt im Bezirk keine freien Plätze.“ Die Plätze seien wegen Personalmangels, aktueller Baumaßnahmen oder wegen Vorschriften für die Gruppengrößen nicht belegbar. Besonders angespannt ist die Situation in Lichtenberg. „Jeden Monat ziehen 1000 Menschen her“, sagt Bezirksbürgermeister Andreas Geisel (SPD), darunter seien viele Familien mit kleinen Kindern. Die teureren Mieten in den Innenstadtbezirken habe die Attraktivität Lichtenbergs erhöht.

„Unsere Kapazitäten reichen nicht aus“, sagt Michael Witte vom Kitaeigenbetrieb Nordost, der landeseigene Kitas in Pankow, Lichtenberg und Marzahn betreibt. Er habe schon vielen Eltern Absagen erteilen müssen. Besonders nachgefragt seien Kitas rund um den Kollwitzplatz, in der Rummelsburger Bucht und in Karlshorst. „Die Eltern suchen händeringend“, sagt Witte. „Viele melden sich in ihrer Not in mehreren Kitas gleichzeitig an.“ Auch dies sei ein Grund, warum es schwer sei, den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln. Denn eine zentrale Datenbank gebe es nicht.

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