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282 staatliche Betreuungseinrichtungen gibt es in Berlin. Sie kommen die Steuerzahler teuer zu stehen.

© ddp

Kinderbetreuung: Städtische Kitas werden zur Kostenfalle

Den fünf Eigenbetrieben fehlen 2010 mindestens zehn Millionen Euro. Die Prognose der Wirtschaftlichkeit wird voraussichtlich erst Ende des Jahres vorliegen. "Offenbar soll dem Abgeordnetenhaus das Desaster verheimlicht werden", kritisierte Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Den kommunalen Kita-Eigenbetrieben fehlen im laufenden Jahr etwa 10 bis 12 Millionen Euro. Die Ursache sind steigende Personalkosten, weil der Anwendungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst („Solidarpakt“) Ende 2009 auslief. Seitdem müssen auch die Erzieherinnen und Erzieher wieder länger arbeiten, bekommen aber auch mehr Geld. Obwohl dies lange bekannt ist, rückt die Senatsverwaltung für Bildung mit den Zahlen nicht heraus, sondern spricht in einer Vorlage an den parlamentarischen Hauptausschuss nur von „weiteren strukturellen Ausgleichserfordernissen“, die sich auf den finanziellen Gesamtbedarf der fünf Eigenbetriebe auswirken könnten. In den nächsten Wochen seien noch Abstimmungsgespräche mit den Bildungsstadträten und der Finanzverwaltung des Senats notwendig, außerdem müssten Daten erhoben und ausgewertet werden. Die vom Hauptausschuss geforderte Prognose der Wirtschaftlichkeit der Kitas für 2010 wird voraussichtlich erst Ende des Jahres vorliegen. „Politische Maßnahmen gegen das Millionendefizit werden dann nicht mehr möglich sein“, kritisiert der grüne Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger. Offenbar solle dem Abgeordnetenhaus das Desaster verheimlicht werden. „Die verkaufen uns für dumm.“ Diese Entwicklung sei lange vorhersehbar gewesen, sagt der CDU-Finanzexperte Uwe Goetze. Beide Oppositionspolitiker sind der Meinung, dass die Anfang 2006 gegründeten Kita-Eigenbetriebe unwirtschaftlich arbeiten. Dies werde durch verdeckte Subventionen kaschiert, wirft Goetze dem Senat vor. Tatsächlich erhalten die Eigenbetriebe (City, Nord-Ost, Nord-West, Süd-West, Süd-Ost) mit 282 Betreuungseinrichtungen und 31 000 Plätzen einen jährlichen Ausgleich von rund 30 Millionen Euro für Sonderlasten, die sie gegenüber den freien Trägern benachteiligen. Das hat tarif- und versorgungsrechtliche Gründe, zudem liegt der Altersdurchschnitt der Erzieher in den kommunalen Einrichtungen höher, somit auch das Gehalt. Aber selbst wenn man diese Besonderheiten herausrechnet, bleiben die Kita-Eigenbetriebe eine Kostenfalle. Der Sanierungsstau von schätzungsweise 120 Millionen Euro konnte mit den Geldern aus dem bundesweiten Konjunkturprogramm II zwar großenteils behoben werden. 84 Millionen Euro wurden zur Verfügung gestellt. Trotzdem produzieren die Einrichtungen immer wieder Fehlbeträge in Millionenhöhe und lassen Kostentransparenz vermissen. Die Bemühungen des Parlaments, mit Hilfe des Rechnungshofs tiefere Einblicke in die wirtschaftlichen Probleme der Kitabetriebe zu bekommen, wurden seit 2006 nur selten von Erfolg gekrönt. Das führte unter anderem dazu, dass die FDP-Fraktion erneut die Rechtsform des Eigenbetriebs in Zweifel stellte und von einer „Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil der freien Träger“ sprach. Auch der rot-rote Senat hatte bei den Vorbereitungen der Kitareform noch eine andere Lösung favorisiert: Eine GmbH für die gesamte Stadt statt des komplizierten Konstrukts kommunaler Eigenbetriebe. Aber das wollten die Bezirke nicht, sie fürchteten um ihren Einfluss. Seitdem arbeiten die städtischen Kitas teurer als ursprünglich erhofft. Die SPD-Jugendpolitikerin Sandra Scheeres erwartet auch diesmal eine Lösung mit der Hilfe des Finanzsenators. Schruoffeneger ist dagegen. „Das Problem müssen die Betriebe und die Bezirke alleine lösen.“

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