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Unterstützt Ankommende. Die ukrainische Studentin Krystyna Krupko.

© Bernd Wannenmacher

Krieg in der Ukraine: Netzwerk der Helfenden

Ein Blog an der Uni vermittelt Unterkünfte.

Von Marion Kuka

„Eine Familie mit sechs Kindern und einem Hund; ein älteres Ehepaar mit fünf Katzen, die Frau ist blind und braucht einmal pro Woche eine Dialyse; drei Frauen und ein neunjähriges Mädchen – sie kommen übermorgen an.“

So sieht ein typischer Eintrag im Blog „Help Ukraine to find a shelter“ aus. Krystyna Krupko hat den Blog gegründet. Die 25-Jährige stammt selbst aus der Ukraine, studiert seit 2019 Biowissenschaften an der Universität Potsdam und arbeitet in der Verwaltung des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin. Durch den Krieg in ihrer Heimat hat sich auch ihr Leben von heute auf morgen verändert.

„Viele Tausend Menschen kommen nach Berlin und suchen eine Unterkunft – darunter auch Verwandte, Freunde und Bekannte von mir“, berichtet Krystyna Krupko. Die offiziellen Vermittlungsplattformen schafften es aber nicht mehr, alle Anfragen rechtzeitig zu bedienen. Daher habe sie sich entschieden, selbst Unterkünfte zu suchen und zu vermitteln. „Anfangs war es sehr stressig, ich konnte noch nicht einmal regelmäßig essen, weil ständig mein Telefon klingelte.“

Als es vor ein paar Wochen losging, habe sie noch nicht so viele Kontakte gehabt, doch inzwischen reiche ihr Netzwerk von Privatleuten und Organisationen sogar bis in andere Bundesländer.

Die meisten Vermittlungen laufen über Ehrenamtliche und Freundeskreise

Viele Menschen könnten vorübergehend Platz für ein oder zwei Personen in ihrer Wohnung oder ihrem Haus schaffen, so die Erfahrung der Studentin. Die geflüchteten Familien seien aber häufig zu viert oder zu fünft und hätten manchmal noch Haustiere dabei. „Es war sehr kompliziert, für die Familie mit sechs Kindern samt Hund eine Unterkunft zu finden“, sagt Krystyna Krupko. In Potsdam habe es schließlich geklappt – eine Kette von privaten Kontakten führte zum Ziel.

Die meisten Vermittlungen laufen über Ehrenamtliche und über Freundschaftskreise. „Viele Menschen nehmen Geflüchtete auf und suchen in ihrem privaten Umfeld nach weiteren Übernachtungsmöglichkeiten.“ So gelang es Krystyna Krupko gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen, einer Familie mit zehn Personen eine Unterkunft in der Ferienanlage Holthof in Mecklenburg-Vorpommern zu vermitteln.

Weil die Kapazitäten ihrer persönlichen Netzwerke aber fast ausgeschöpft sind, kam die Ukrainerin auf die Idee, auf der Blog-Plattform der Freien Universität Berlin einen eigenen Blog zu gründen. Dort veröffentlicht sie fast täglich Anfragen von Ankommenden, die für kurze Zeit oder dauerhaft eine Unterkunft benötigen. Wer eine Übernachtungsmöglichkeit anbieten kann – und sei es auch nur für wenige Tage –, hinterlässt Kontaktdaten per Kommentar und wird schnellstmöglich angerufen. Die Kommentare sind nur für das Blog-Team sichtbar.

Über das Netzwerk wissen die Ankommenden schon früh, wo sie Unterkunft finden

„Der Blog ist leider noch nicht so bekannt“, sagt Krystyna Krupko. Bisher seien erst wenige Angebote eingegangen, die Nachfrage sei dafür umso größer. Immerhin habe sie gleich in den ersten Tagen nach dem Start des Blogs neun geflüchteten Menschen auf diesem Weg ein vorläufiges Dach über dem Kopf vermitteln können. „Die Gastgebenden haben die ukrainischen Familien oft auch bei Behördengängen begleitet und ihnen mit Formularen geholfen.“ Auch Martina Sick konnte helfen. Die Verwaltungsleiterin des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie hat eine Mutter und ihre 25-jährige Tochter aufgenommen.

Wenn für beide Seiten alles optimal laufe, habe der Weg über die Blog-Vermittlung einen unschätzbaren Vorteil: „Über unsere Netzwerke wissen wir schon ein paar Tage im Voraus, wer wann in Berlin ankommt“, sagt die Ukrainerin. „Wenn die Menschen schon vor ihrer Ankunft wissen, wohin sie gehen können, ist das eine große Erleichterung.“

Für den Inhalt dieses Textes ist die Freie Universität Berlin verantwortlich.

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