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Der Klassiker. Bagel mit Frischkäse und Räucherlachs.

© Moritz Honert

Berliner Imbisse im Test: Nachhilfestunde für die deutschen Bäcker: Zum Lunch im "Fine Bagels"

Anständige Bagels sind in Deutschland immer noch Mangelware. Bei Laurel Kratochvila im Friedrichshain kann man probieren, wie sie schmecken sollen.

Die Geschichte des Bagels ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Wer die ringförmigen Gebäckstücke in den USA probierte, musste daheim feststellen, dass unser Bagel außer dem Namen oft wenig mit dem Original gemeinsam hat. Dass man den Hefeteig vor dem Backen kochen muss, spricht sich hier erst langsam herum. Gute Bagels sind immer noch Mangelware.

Das musste auch Laurel Kratochvila feststellen, als sie vor gut fünf Jahren aus Boston nach Berlin zog. Also fabrizierte sie kurzerhand ihre eigenen – ihre Urgroßeltern waren schließlich Bäcker.

Aus der aktiven Selbsthilfe ist inzwischen das Deli „Fine Bagels“ geworden, das eine Ecke des Friedrichshainer Buchladens „Shakespeare and Sons“ einnimmt, den ihr Partner Roman betreibt.

Links vom Eingang stehen in den hellen Holzregalen Raymond Chandler, Bret Easton Ellis oder Dostojewski, rechts in der Auslage liegen Bagels mit Sesam oder Oliven. Es gibt helle und dunkle aus Roggen. Leider sind die mit Zimt gerade aus.

Hoch an der Wand informieren schwarze Tafeln mit weißer Schrift über das Angebot. Espresso kostet 1,70 Euro, Cappuccino 2,70. Wir bestellen den Klassiker: Bagel mit Cream Cheese und Räucherlachs für 5,20 Euro, dazu Hummus auf Honig-Bagel für 3,20 Euro.

Kurz gibt es Verwirrung - der charmanten Art

Weil die Bedienung nur Englisch spricht, das aber erst nach der Bestellung sagt, gibt es kurz Verwirrung. Aber eine der charmanten Art. Von dem „grausamen, feindseligen Personal“, vor dem manch einer im Internet warnt, ist bei unserem Besuch nichts zu sehen.

Mit unserer Wartenummer setzen wir uns an eins der Holztischchen, das mal wieder gewischt werden könnte, von dem man aber einen schönen Blick auf den Eingangsbereich und die Warschauer Straße hat. Die Atmosphäre erinnert an ein Studentencafé in D. C. oder Brooklyn: Hipster hinter Macs, leise Soulmusik, polyglottes Publikum, es duftet nach Brot.

nach zehn Minuten kommen die Bagels, serviert auf Flohmarkt-Geschirr – und sie sind ein Gedicht. Dick belegt, leicht getoastet, mächtig und mit genau dem wohligschweren Biss, für den die Amerikaner den nur unpräzise ins Deutsche zu übertragenden Begriff chewy erfunden haben.

Als wir gehen, werden gerade frisch gebackene Bagels aufgeschüttet. Zimt! Freude! 1,20 Euro zum Mitnehmen.

Fine Bagels, Warschauer Straße 74, Friedrichshain, www.finebagels.com. Telefon: 030 / 46 79 63 32, geöffnet täglich 8 bis 20 Uhr

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