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Jens DeGruyter von Paper and Tea weiß, wie man den Tee fachgerecht aufbrüht.

© Promo

Festival in Berlin: So brüht man den perfekten Tee

Das "Berlin Tea Festival" wartet mit Experten und Workshops auf - gerade rechtzeitig zum Beginn der kalten Jahreszeit.

Kaffee verbraucht man am besten innerhalb von vier Monaten, sonst geht zuviel vom Aroma verloren. Wein dagegen reift lange nach, kippt aber auch irgendwann. Tee dagegen verdirbt nicht, wenn er gepresst zum Tee-Kuchen und trocken gelagert wird. Er fermentiert und oxidiert weiter und wird dadurch nur immer aromatischer. Beim „Berlin Tea Festival“ am 17. November in der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche mit 32 Ausstellern und bei der „Tea Week“, die vom 10. bis 18. November in 15 verschiedenen Geschäften stattfindet, kann man das und mehr über Tee lernen, erhält Einblicke in Anbau, Auf- und Zubereitung verschiedenster Teesorten. Ein Festival für Nerds? Eher eines für Liebhaber und Neugierige.

Bestes Beispiel: „Introductory Tea Art“, ein Seminar, bei „Paper and Tea“. Gründer Jens de Gruyter, einer der bekanntesten Tee-Experten Berlins, will Teilnehmern die künstlerische Seite der traditionellen chinesischen Tee-Zubereitung nahebringen. Nach gut zwei Stunden sollen selbst Tee-Neulinge die Zeremonie verstehen können. Und Eduardo Molina Anfossi, Tea Master und Einkäufer, erklärt, wie Profis Tee verkosten. De Gruyter kann sagen, was guten, losen Tee von den Teebeuteln aus dem Supermarkt unterscheidet. Erster Vorteil: Er entfalte seine Aromen besser. Außerdem kann gut mehrere Male aufgegossen werden.

Es geht um den persönlichen Geschmack – und ums Ritual

Tan Kutay vom Tee-Feinkostladen „Tan“ beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Tee. Er berät Interessierte gern, erklärt, dass grüner und schwarzer Tee belebend wirken, dass Oolong eine große geschmackliche Bandbreite hat und gereifter Pu Erh gerne eine rauchige Note. Er weiß, ob es sinnvoll ist, gemahlene, gepresste oder lieber lose Blätter zu verwenden. Er rät, mit Menge, Wassertemperatur und Ziehzeiten zu experimentieren und nicht einfach nach dem Rezept auf der Packung aufzubrühen. Es gehe, sagt er, nur um den persönlichen Geschmack – und natürlich um das Ritual.

Vor rund 5000 Jahren soll Tee in der chinesischen Provinz Yunnan entdeckt worden sein. Seitdem hat sich der Anbau extrem weiterentwickelt; 3200 Sorten existieren heute. Aus einer einzigen Pflanze, der „Camellia sinensis“, werden die sechs Arten von Tee gewonnen: Grün, Schwarz, Oolong, Weiß, Gelb und Pu Erh. Um Schwarzen Tee zu gewinnen, werden die Blätter fermentiert. Beim Grünen Tee wird genau das verhindert. Beim Weißtee welken Blatt und Blüte sehr lange. Oolong dagegen, auch „schwarze Schlange“ genannt, besteht aus sehr dunklen älteren, halbfermentierten Blättern, die gerollt werden.

Tee kann anregen, hilft aber auch, zur Ruhe zu kommen

Beim „Berlin Tea Festival“ soll es nicht nur um Wissen, sondern auch um den Genuss gehen, sagt Morten Menge, einer der vier Veranstalter. Menge lebte 2013 für einige Zeit in Sydney und importierte die Idee für ein „Tea Festival“ nach Berlin. Mit seinem Kollegen Alexander Ludwig und den Chinesinnen Yi Yuan und Yunhui Ma aus Yunnan organisiert er das Event. Alle vier hat die Faszination Tee längst gepackt. Morten Menge ist seit mehr als zehn Jahren Tee-Liebhaber und hat das Thema seit 2015 zum Beruf gemacht. Man trifft ihn im japanischen Teehaus „Macha Macha“, außerdem gibt er freiberuflich Seminare, Tastings und Teezeremonien. Mehr als zehn Volontäre konnte er als Mitarbeiter fürs Festival gewinnen, zusätzlich – und weil gar nicht alle Interessenten im Kirchengebäude Platz gefunden hätten, gibt es während der „Berlin Tea Week“ 15 weitere Veranstaltungsangebote von Tee-Experten. Menge und Co. sind überzeugt, es könne sich „eine richtige Community entwickeln“. Immer mehr Unternehmen spezialisierten sich auf fairen und direkten Handel hochwertiger Tees, immer mehr Privatleute buchten Seminare, um zu erfahren, was guten Tee ausmache.

Wie kaum ein anderes Getränk vereint Tee geschmackliche Vielfalt und positive Effekt für die Gesundheit. Er kann anregen und beleben, hilft nach einem hektischen Tag aber auch, zur Ruhe zu kommen. Er hat kaum Kalorien, wirkt wärmend und durstlöschend. Anders als bei Kaffee wird das Koffein in Tee von Polyphenolen gebunden und deshalb langsamer abgebaut. Bei kurzer Ziehzeit hat Schwarztee mehr Koffein, weil sich die Polyphenole erst später lösen. Matcha – so dürfen eigentlich nur Grüntees aus Japan bezeichnet werden – enthält mehr Koffein als normaler Grüntee, außerdem viele Antioxidantien, weil das ganze, gemahlene Blatt aufgebrüht wird.

In China meist grün, in Ostfriesland mit Sahne und Kandis

Tee wird weltweit auf unterschiedlichste Arten genossen, in China meist grün und pur, in Großbritannien schwarz mit Milch. Ostfriesen fügen gerne süße Sahne und Kandis hinzu. Die Deutschen trinken nicht nur den Aufguss aus der Teepflanze, sondern auch gern Kräuter- und Früchtemischungen, die im Ausland als „Infusions“ bezeichnet werden. Als Erfinder des Teebeutels gilt übrigens der Amerikaner Thomas Sullivan: 1904 versandte er Proben in Seidenbeuteln an seine Kunden – und die hängten sie direkt in heißes Wasser. Richtig guter Tee kann richtig teuer werden: Pu Erh-Tees kosten teilweise 60 Euro pro vier Gramm, diese Menge reicht für eine Tasse.

Wie sieht nun die ideale Art der Teezubereitung aus? Da sind sich die Fachleute einig: Am besten eine kleine Teekanne verwenden, denn es sollte mehrmals aufgegossen werden. Die Kanne vorwärmen, den Tee hineingeben und ihn für einige Sekunden im heißem Wasser „waschen“. Dadurch lösen sich die Blätter voneinander und Staubkörner werden entfernt. Das „Waschwasser“ abseihen, die Teeblätter mit frischem heißem Wasser aufgießen. Wie heiß, das hängt von der Sorte ab. Kochendes Wasser kann weiße und grüne Tees sogar zerstören. Beim Einschenken sollte auch der letzte Tropfen in der Tassen landen, dann kann ein zweites Mal aufgegossen werden. Die Ziehzeiten variieren bei jedem Aufguss Manche Tees werden bis zu 15 Mal aufgegossen.

Berlin Tea Festival, Samstag, 17. November, 11-19 Uhr, Heilig-Kreuz-Kirche, Zossener Str. 65, Kreuzberg, berlin-tea-festival.de

Paper and Tea, z. B. Alte Schönhauser Str. 50, Mitte, paperandtea.de

Feinkost Tan, Crellestr. 7, Schöneberg, tee-feinkost-tan.de

Macha Macha, Hasenheide 16, Neukölln, macha-macha.de

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

Ella Simon

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