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Kulinarische Ausflüge nach Brandenburg: Landpartie mit bester Verpflegung

Rausfahren aufs Land und gut einkehren. Kulinarische Adressen, die sich lohnen - und meist auch eine Übernachtungsmöglichkeit bieten.

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"Nimm zu essen mit, wir fahren nach Brandenburg", sang Rainald Grebe. Das ist gemein und auch nicht zutreffend. Bei schönem Wetter rausfahren aufs Land und stilvoll einkehren, was könnte erholsamer sein? Brandenburg hat durchaus seine Adressen für Genießer, wenngleich der Personalmangel und das Winterloch drücken und kaum Platz und Risikobereitschaft für neue kulinarische Initiativen lassen. Unsere Empfehlungen bieten vielleicht wenig Neues, geben aber einen Überblick über all jene Adressen, die den Besuch auch bei Regen und Wind lohnen - und meist auch eine Übernachtungsmöglichkeit bieten.

Kochzimmer

Der Umzug des Kochzimmers von Beelitz nach Potsdam ist zwar schon lange abgeschlossen, nur der Michelin-Stern fehlte noch und kam erst im Februar 2019 hinterher. David Schubert hat dieses naheliegende Ziel nun erreicht und darf sich bestätigt sehen als einer der drei besten Küchenchefs in Brandenburg. Das Etikett "Neue preußische Küche" ist aber ein wenig verwirrend, denn selbst bei großzügigster Auslegung wird darunter wohl niemand Gerichte wie den bretonischen Hummer mit Estragon-Royal und kandierter Möhre oder die Challans-Entenbrust mit Gewürzkohl und Datteln erwarten; immerhin ist das Kaninchen mit Sardellen und Kapern aus Beelitz. Aber letzten Endes kommt es auf die Qualität an, und die stimmt hier. Auf der Weinkarte stehen viele gute Namen aus Deutschland und Frankreich, aber auch eine kompetent ausgesuchte Begleitung glasweise ist zu haben.

Potsdam-Mittelmark, Potsdam, Am Neuen Markt 10, restaurant-kochzimmer.de

Schick in weiß: Das Restaurant „Kochzimmer“.
Schick in weiß: Das Restaurant „Kochzimmer“.

© ©redpear/AndreasKermann

Alte Überfahrt

Die munterste, modernste Gourmet-Küche Brandenburgs findet sich gegenwärtig zweifellos in diesem schön schlichten Restaurant auf der Altstadt-Insel von Werder. Gastgeber Patrick Schwatke und Küchenchef Thomas Hübner haben die Herausforderung angenommen, in einer absoluten Ausflugslage eben keine "Ausflugsküche" zu bieten, sondern mit einem differenzierten Menü mit maximal acht Gängen die Anspruchsvollen zu locken. Die Subtilität der Ausführung istbemerkenswert, gerade dann, wenn die Karte eher Rustikales erwarten lässt, wie beim Schweinebauch mit Kohlrabi und Möhren oder beim Saibling mit Steckrüben und Miso - weiter weg von Omas Küche geht das nicht. Dazu gibt es feine Weine zu verträg­lichen Preisen und einen Sommergarten gleich jenseits der kleinen Promenade, der ein Alleinstellungsmerkmal hat: Hier kann der Gast notfalls auch zwischen den Gängen im Sand buddeln und ins Wasser springen.

Potsdam-Mittelmark, Werder, Fischerstraße 48b, alte-ueberfahrt.de

Gastgeber Patrick Schwatke und Küchenchef Thomas Hübner empfangen ihre Gäste in einem schlichten Restaurant am Wasser.
Gastgeber Patrick Schwatke und Küchenchef Thomas Hübner empfangen ihre Gäste in einem schlichten Restaurant am Wasser.

© Promo

Kranhaus by Mika

Bestes Haus der Region und seit Jahren eine kulinarische Institution: Dass das Kranhaus inzwischen in der Neuzeit angekommen ist, lässt das "by Mika" erahnen. Es verweist auf den gebürtigen Franzosen Mika Drouin, der 2016 den exponiert am Elbedeich gelegenen Backsteinbau übernahm. Mit ihm haben moderne Elemente der asiatischen Küche Einzug gehalten: Dashi-Milchschaum zu gedünstetem Kabeljau, Blutwurst-Tempura mit Jakobsmuschel (Foto) oder Gyozas mit Schweine­bauch, Kimchi und Ponzu. Drouins Gerichte bleiben trotz seines Weitblicks geschmacklich immer nachvollziehbar und fair kalkuliert, was im Besonderen für die Bistrokarte gilt, die von Entrecôte bis Wiener Schnitzel Bodenständiges in exzellenter Qualität bietet. Dazu eine kleine Weinauswahl und die große Freiheit, Klassisches mit Modernem frei zu kombinieren.

Prignitz, Wittenberge, Elbstraße 4a, kranhaus.de

Stilvoll speisen im Backsteinbau: das „Kranhaus by Mika“.
Stilvoll speisen im Backsteinbau: das „Kranhaus by Mika“.

© Bernd Matthies

Kabinett F. W.

Alexander Dressel grüßt als Hoteldirektor, aber bestimmt auch seit vielen Jahren und vielen Küchenchefs die kulinarischen Richtlinien des Hauses. Sein Gourmetrestaurant „Friedrich Wilhelm“ hat den Platz mit dem öffentlichen Hotelrestaurant „1847“ getauscht und nennt sich jetzt „KabinettF. W.“ - frischer Wind im Ambiente, die Küche allerdings brauchte keine Generalüberholung. Dressel und sein Team kochen auf der Höhe der Zeit und tragen verdient den ältesten Michelin-Stern des Landes für Gerichte wie Kopfsalat mit Tofu, Yuzu und Eigelb oder Kalbsherz mit Selleriepüree und Apfelessig. Ausgezeichnete Weinkarte, auf Wunsch hochwertige Weinbegleitung, souveräner Service von Maître Marko Grundmann. Kinder allerdings sind erst ab zwölf gern gesehen. Durch die Neuerungen hat auch die Küche des „1847“ Fahrt aufgenommen - Casual Dining von ausgefeiltem Saumagen über Backhendl bis zu gebratenem Wolfsbarsch mit Artischocken-Fondue.

Im Hotel Bayrisches Haus, Potsdam-Mittelmark, Potsdam, Im Wildpark, bayrisches-haus.de

Das Gourmetrestaurant „Friedrich Wilhelm“ hat den Platz mit dem öffentlichen Hotelrestaurant „1847“ getauscht.
Das Gourmetrestaurant „Friedrich Wilhelm“ hat den Platz mit dem öffentlichen Hotelrestaurant „1847“ getauscht.

© Promo

Juliette

Das kuschelig verschachtelte Fachwerk-Restaurant ist ein kulinarischer Klassiker der Stadt. Obwohl Patron Carsten Rettschlag das Tagesgeschäft mehr und mehr in die Hände von Christian Weber legt, hat sich an der klassisch-modernen, an französischen Standards ausgerichteten Feinschmeckerküche wenig geändert. Die frischen, fein ausbalancierten Variationen von der Gänsestopfleber bilden noch immer den besten Auftakt für ein Menü, in dem edle Produkte wie Seeteufel, Knurrhahn oder Barbarie-Ente folgen können, harmonisch und handwerklich immer gekonnt zubereitet mit dezenten Ergänzungen wie der Chorizo zum Spanferkel oder dem Basilikumeis zu den Werderaner Erdbeeren. Die deutsch-französische Weinkarte hat über die Jahre deutlich an Profil gewonnen, sie wird von Diana Pamp ebenso charmant wie sachkundig präsentiert.

Potsdam-Mittelmark, Potsdam, Jägerstr. 39, restaurant-juliette.de

Das Juliette ist ein kuschelig verschachtelte Fachwerk-Restaurant.
Das Juliette ist ein kuschelig verschachtelte Fachwerk-Restaurant.

© Promo

17fuffzig

Neuer Küchenchef im „17fuffzig“ ist Alexander Müller, der nun lange genug dabei ist, um sich die jüngst geglückte Verteidigung des Michelin-Sterns auf sein Konto gutschreiben zu dürfen. Der gebürtige Brandenburger hat in seiner Personalakte Namen wie Robuchon, Bocuse und Wohlfahrt stehen, das deutet auf eine eher traditionelle, aber höchst qualitätsbewusste Auffassung vom Kochen hin. Der Spreewald spielt stilistisch kaum eine Rolle mehr, das war schon vorher so, und so kommt hier bretonischer Hummer in Tomaten-Escabeche auf den Tisch oder Wildbarsch mit Sommertrüffel, zum Saibling gibt es Meerrettich und Blutwurst und zum Hirschrücken Lauch, Selleriegrün, Kapuzinerkresse und Birne. Die sehr große Weinkarte verlangt nach einem Kenner, denn allzu viele Sommeliers haben darin ihre Spuren hinterlassen.

Im Hotel Bleiche Resort & Spa, Spree-Neiße, Burg/Spreewald, Bleichestr. 16, bleiche.de

Der Spreewald spielt stilistisch kaum eine Rolle mehr.
Der Spreewald spielt stilistisch kaum eine Rolle mehr.

© Promo

Goldener Hahn

Niemand sucht ein Gourmetrestaurant ausgerechnet in Finsterwalde. Deshalb ist das Beharrungsvermögen von Iris und Frank Schreiber so bewundernswert, die das Gasthaus am Bahnhof nun schon in dritter Generation führen - und das mit großem persönlichen Einsatz und Ideenreichtum. Schreiber ist vermutlich einer der besten deutschen Köche ohne Stern, er hat immer die Region im Blick, ohne die Regionalität zu übertreiben, aber er lässt sich auch von globalen Trends inspirieren und hat ein Herz für Vegetarier, die bei ihm nichts entbehren müssen. So gibt es bei ihm nebeneinander als Lausitzer Küche Quarkterrine mit dreierlei Gurken, Enten-Weißsauer mit Backpflaumen und Zander mit Speck, aber eben auch Lammrücken mit Datteln und Zitronenjoghurt und Rotbarbe auf Kokos-Risotto - oder Ziegenkäse im Knuspermantel mit Haselnüssen, Ahornsirup und Birne sowie Bio-Ei mit Bärlauch und Röstzwiebelschaum. Unabhängig von der Richtung ist alles exzellent zubereitet und attraktiv präsentiert, denn Schreiber bleibt auf dem Laufenden und feilt unablässig an seinen Gerichten. Die Gemahlin führt die Aufsicht über die gut bestückte Weinkarte; sie ist auf Wunsch auch mit einer Weinbegleitung zu Diensten, und das zum wahren Freundschaftspreis. Darüber hinaus organisiert sie häufig Lesungen und andere Veranstaltungen, die den Hahn an der Fassade besonders schön glänzen lassen.

Elbe-Elster, Finsterwalde, Bahnhofstr. 3, schreiber-cuisine.de

Im Goldenen Han hat man ein Herz für Vegetarier.
Im Goldenen Han hat man ein Herz für Vegetarier.

© Promo

Landlust Körzin

Wohl kaum ein ländliches Gasthaus in Brandenburg hat so viele zufriedene Stammgäste wie die „Landlust“. Das liegt an der persönlichen Betreuung durch Ulrike und Stefan Laun, die es wie einen privaten Salon führen – sie als Küchenchefin, er als Gastgeber. Beide sind Seiteneinsteiger, haben aus dem Hobby Gastronomie einen Beruf gemacht, das Angebot aber zuletzt stark reduziert. À la carte wird nicht mehr gekocht, denn es gibt nur noch ein verknapptes Angebot von Freitagabend bis Sonntagmittag mit einem einzigen regionalen Menü in fünf Gängen, das für alle Gäste an der großen Tafel serviert wird und 69 Euro kostet. Das kann mit einer Hühnerbrühe beginnen, gefolgt von Cheesecake von Frankfurter Kräutern, Forelle auf Selleriesalat mit roten Beten und Äpfeln, Simmenthaler Rind mit regionalem Wildschwein und Kartoffelkuchen und schließlich einem Ricottasoufflé mit Eberesche und Apfelcrumble. Nichts geändert hat sich an der ruhigen Lage in einem Dorf mitten in der Beelitzer Spargelregion – und an der weiten Aussicht von der schönen Terrasse.

Potsdam-Mittelmark, Beelitz / OT Zauchwitz, Körzin 19, landlust-koerzin.de

Ulrike und Stefan Laun führen ihr Restaurant wie einen privaten Salon.
Ulrike und Stefan Laun führen ihr Restaurant wie einen privaten Salon.

© Kitty Kleist-Heinrich

Schloss Reichenow

Dieses Haus hat bewegte Zeiten hinter sich, ist aber erst seit kurzer Zeit in professionellen Händen. Der altgediente Berliner Hotelier Hans Eilers hat es zusammen mit seinem Sohn Jan übernommen, behutsam ohne aufgesetzten Luxus restauriert und mit stimmiger moderner Kunst eingerichtet. Auch das Restaurant folgt diesem entspannten Kurs mit bodenständiger, aber aufgeklärter Regionalküche zu äußerst fairen Preisen. Gerichte wie der gebeizte Gewürzsteinbutt mit Gurken und Wildkräutern oder der Sauerbraten vom Simmenthaler Rind mit Serviettenknödel schließen keinen Zufallsgast aus und enttäuschen keinen Gourmet. Dazu spendiert der Senior gute Weine zum Freundschaftspreis. Schöne, sparsam stilvoll eingerichtete Zimmer gibt es dazu, und zum Absacken eine kleine Bar.

Märkisch Oderland, Reichenow-Möglin, Neue Dorfstr. 1, schlossreichenow.com

In Schloss Reichenow wird das Essen in sorgsam restaurierten Räumen serviert. An den Wänden hängt moderne Kunst.
In Schloss Reichenow wird das Essen in sorgsam restaurierten Räumen serviert. An den Wänden hängt moderne Kunst.

© Promo

Dieser Beitrag ist in unserem neuen Magazin "Tagesspiegel Brandenburg" erschienen - mit 500 guten Adressen, Reportagen und vielen Tipps für Ausflüge und Kurzurlaube in der Region. Sie können es im Tagesspiegel-Shop für 9,80 Euro versandkostenfrei bestellen. Weitere kulinarische Themen finden Sie auf unserer Themenseite Genuss. 

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