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Schnelle Küche - Die tägliche Rezeptkolumne: Knuspriges Backhendl

Kleiner Aufwand, großer Genuss: Einfache Rezepttipps aus der Redaktion. In Teil 23 versuchen wir uns an einem Klassiker der Wiener Küche.

Von Kai Röger

Damit wir uns richtig verstehen: Wenn ein Piefke sich an der urösterreichischen Kochtradition vergreift, ja, es sogar wagt, einen der berühmtesten Klassiker der Wiener Küche nach eigenem Gutdünken irgendwie nachzustellen, dann kann man nur sagen: Was erlaubt sich der? Sakrileg!

Aber der Piefke schert sich nicht darum, was andere sagen. Wenn es seiner Familie schmeckt, wenn der Jüngste - ein anspruchsvoller Esser - sogar nach mehr fragt, dann rechtfertigt das für ihn praktisch jedes Mittel.

Hühnerkeulen schmecken besser als die Brust

Auf mildernde Umstände darf der Piefke hoffen, weil er nicht mit Vorsatz handelt. Genau genommen handelt er aus der Verlegenheit heraus, Hühnerschenkel gekauft zu haben, weil sie einfach in einer großartigen Qualität im Angebot waren. Qualität heißt hier, dass das Huhn aus Frankreich kommt und das Label Rouge trägt: Seit 1965 vergibt das französische Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei das Gütezeichen Label Rouge an ausgewählte Betriebe und kontrolliert die strengen Auflagen unangemeldet.

Die wichtigsten Kriterien sind Herkunft und Genetik der jeweiligen Geflügelart, Aufzucht in bäuerlichen Kleinbetrieben, artgerechte Auslaufhaltung (die Hühner zum Beispiel haben mindestens 1000 Quadratmeter Platz pro Stall), natürliches Futter, langsame Aufzucht, Zusammenarbeit mit möglichst nahegelegenen Schlachthöfen, sowie die hundertprozentige Rückverfolgbarkeit eines jeden Tieres zu seinem Bauern.

Das hat seinen Preis, was man aber nicht so dramatisch merkt, wenn man nicht Brust, sondern Keule kauft. Das Fleisch der Keule ist sowieso saftiger und hat mehr Geschmack, macht aber auch ein bisschen mehr Arbeit, weil man das Fleisch vom Knochen lösen muss (muss man eigentlich nicht, aber der Sohn mag es so lieber und der Piefke auch)

Wem die Umstände der Fleischproduktion nicht ganz so wichtig sind, kann ausgelöste Keulen bei türkischen Fleischern kaufen, die sind wahre Meister im Fleisch-vom-Knochen-trennen, werden beim türkischen BBQ doch meist knochenlose Stücke gegrillt.

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Wie auch immer, eigentlich war für Familie und Gäste Paella geplant, aber der Besuch musste aus Gründen absagen, und was soll man dann mit vier Keulen für drei Personen anfangen? Frittieren geht immer! Und weil noch Kartoffelsalat im Kühlschrank war (zum Rezept mit Abwandlungen geht es hier), erinnerte sich der Piefke an das Backhendl, das er bei Siegfried Danler im "Einstein Unter den Linden" schätzen gelernt hatte.

Nun muss man sagen, dass Danlers ausgebackene Hühnerteile zwei Ligen besser waren, aber, hey, Danler hatte gerade Urlaub und der Piefke musste was aus den Keulen machen.

Und das hat er dann auch geschafft:

Mit Panko-Mehl in der Panade wird es noch knuspriger: Backhendl
Mit Panko-Mehl in der Panade wird es noch knuspriger: Backhendl

© Kai Röger

Backhendl frei Schnauze

Zutaten (für 4 Personen)
4 Hühnerkeulen
Mehl
2 Eier (Bio)
Semmelbrösel- und Panko-Mehl zu gleichen Teilen (Panko ist ein weißes, krümeliges Paniermehl, mit dem die Panade einfach knuspriger wird, gibt's im Asia-Laden, man kann aber auch nur Semmelbrösel verwenden)
Pfeffer, Salz
Zitronenscheiben zum Dekorieren
1 Liter Rapsöl

Zubereitung
Zuerst die Haut der Hühnerkeulen abziehen (Die Haut kann man wunderbar kross im Backofen ausbacken und als Würzmittel über Spargel krümeln, eigentlich schmeckt sie zu allem).

Dann die Keule in zwei Stücke teilen und immer längs am Knochen entlang das Fleisch abtrennen. Sehnen entfernen, so gut es geht. Fetteinlagerungen sind erlaubt, so wird das Ganze saftiger.

Die Knochen kann man für eine Brühe verwenden, wäre ja Schade drum. Einfach mit kaltem Wasser, Suppengemüse oder Gemüseabschnitten und ein paar Pfefferkörnern aufsetzen und sehr lange köcheln lassen. Ich friere die Brühe dann ein, kann man ja immer gebrauchen und später verfeinern.

Das ausgelöste Fleisch sieht jetzt ziemlich unförmig aus, ich würze es rundherum mit ordentlich Salz und Pfeffer und falte es so, dass es wieder die Form eines Stückes mit Knochen hat.

Jetzt die Hühnerrollen in Mehl wenden, dann durch die gesalzenen und aufgeschlagenen Eier ziehen und in der Paniermehl-Mischung wälzen, bis es eine recht dicke Panade ergibt.

In einem tiefen Topf das Öl auf ca.180 Grad erhitzen (Holzlöffel ins Öl halten - steigen lebhaft Blasen auf, passt es ungefähr).

Bei Gasöfen unbedingt den Topfdeckel griffbereit halten. Wenn sich das Fett entzünden sollte (das tut es in aller Regel nicht, aber für alle Fälle ...), das Feuer ersticken, indem man den Deckel aufsetzt. Niemals! Brennendes Öl mit Wasser Löschen!

So, nach dieser kurzen Durchsage der Feuerwehr geht's nun aber weiter.

Nicht mehr als ein oder zwei Teile gleichzeitig frittieren, die Hühnerteile sollen frei schwimmen.

Bei Tim Mälzers "Kitchen Impossible" habe ich gesehen, dass man das Frittiergut nicht wendet, sondern heißes Öl mit einer Kelle über die Stücke schöpft. In der Sendung mussten sich die Teile auch kreisförmig durch den Topf bewegen; die Richtung war scheinbar egal. Tatsächlich werden sie so nach etwa 8 Minuten wunderbar kross.

Auf Küchenpapier abtropfen lassen und im Backofen bei 60 Grad warm halten. Hat man das Gefühl, dass das Fleisch noch nicht ganz durch ist, den Backofen auf 90 Grad einstellen und noch ein paar Minuten nachgaren lassen.

Anrichten
Klassisch wäre, Backhendl in einem Brotkorb anzurichten, so macht es der Koch Sigi Danler. Bei uns reichte ein Holzbrett - und ein paar Zitronenspalten dazu.

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