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Nachfolger des alten "Bacco" in Charlottenburg. Das "Le Piaf Gourmand" mit einer sehr gut kalkulierten Weinkarte.

© Le Piaf Gourmand / promo

Von TISCH zu TISCH - Die Restaurantkritik: Le Piaf Gourmand

In diesem Charlottenburger Restaurant soll die Tradition leben und die Moderne zu Wort kommen – aber das Ergebnis enttäuscht

Es gibt wohl kaum eine ungenauere Beschreibung für eine Küche als die Behauptung, sie sei französisch. Meist ist damit die traditionelle Brasserie-Küche mit Austern, Bouillabaisse und Steak Frites gemeint – und nicht die zeitgenössische Hochküche, die sich gerade in Frankreich nur selten ihren regionalen Wurzeln nähert. In Berlin gibt es viele offene Interpretationen vom „Borchardt“ bis zu Raues „Colette“, und jene, die der Tradition am nächsten stehen, versuchen häufig, die Klassiker durch eine etwas modernere Tageskarte zu ergänzen.

Kein Fisch

So handhabt man es auch im „Piaf Gourmand“, dessen Name auf das alte „Le Piaf“ in Charlottenburg und das jüngere „Gourmanderie“ in Wedding zurückgeht; Inhaber Claude Trendel kommt meines Wissens noch aus dem Umfeld der französischen Alliierten in Berlin. In gewisser Weise historisch ist auch der Ort, das alte „Bacco“, das eine Weile als „Romero Royal“ weiterzuleben versuchte.

Die Standardkarte enthält kein Fischgericht, nicht einmal Austern, obwohl es, für Stammgäste ersichtlich, doch welche gab. Die Enten-Foie-gras, die mit Brioche und einem Pflaumenkompott standesgemäß aufbereitet war, blieb in Sachen Konsistenz und Aroma nur mittelmäßig und vermittelte nicht den Eindruck eigener Herstellung (19,90). Wenig zu sagen ist auch über die confierte Entenkeule, die mit mildem Sauerkraut und einer mit Jus angereicherten Steinpilzsoße kam und okay war, ohne Funken zu schlagen – ein Sattmacher (22,90).

Fünf Gänge

Auf der Tageskarte stand ein Menü mit maximal fünf Gängen (39/64 Euro), das mit einem Risotto startete. Das war gut gekocht und von einer plausiblen Langustinen-Bisque begleitet; den marinierten Saibling dazu hatte die Küche aber so verfremdet, dass wir ihn für Thunfisch hielten. Vorher hatten wir wegen eines Missverständnisses das vegetarische Trüffelrisotto probiert, das von kräftiger, unverfälschter Trüffelsoße umgeben war, selbst aber extrem bitter schmeckte. Der äußerst zuvorkommende französische Oberkellner reparierte das elegant und erklärte den Bitterton damit, da sei ein falscher Wein zu stark eingekocht worden. Das klang plausibel und kann passieren, aber warum fällt es nicht beim Abschmecken auf?

Hübsch altmodisch

Ach, und dann gelang auch das Seezungenfilet „Colbert“ nicht richtig gut, das übergart und komplett ungewürzt aus dem Pochierbad kam, akzentuiert nur mit etwas Forellenkaviar, Petersilienpesto und einem luftigen, süßlichen Steckrübenpüree, aber ohne jede Spur von Butter oder einer anderen Sauce. Hübsch altmodisch das Omelette Norvegienne mit Pistazieneis und Schokobiskuit, das am Tisch mit Grand Marnier flambiert wurde, blass das Nougat-Eisparfait mit Kaki-Scheiben und Himbeercoulis (8,90).

Würde ich wiederkommen? Nur wegen der herzerfrischend kalkulierten Weinkarte, die endlich einmal eine gute Auswahl aus dem Elsass bietet: Moenchberg-Riesling von Gilg für nur 41 Euro. Zu wenig insgesamt.

- Le Piaf Gourmand, Marburger Str. 5, Charlottenburg, Tel. 34 22 040. Di–Sa ab 17.30 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite

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