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Von Tisch zu Tisch: Buchholz

Gänsekeule mit Rot- und Grünkohl.

Einmal Sternekoch – immer Sternekoch? Es gibt nur wenige in der Branche, die ihren Ruf durch Müllwerbung und taube Sprüche permanent demolieren können und trotzdem noch als Große gelten; Sie kommen selbst auf die Namen, oder? Denn im Grunde gilt, dass überall dort, wo ein guter Name draufsteht, auch etwas drin sein muss, was diesem Namen angemessen ist.

Das heißt nicht, dass einer wie Matthias Buchholz, der mal für einen Stern und 18 Gault-Millau-Punkte gekocht hat, damit nun weitermachen muss, bis man ihn aus der Küche trägt. Ganz folgerichtig hat er eine Auszeit genommen und anschließend zum Amtsantritt im Gutshof Britz mitgeteilt, er werde fortan nur noch bodenständige Landhausküche kochen, ohne, Zitat, karierte Maiglöckchen und Teller-Ikebana.

Soweit okay. Nur steht draußen halt sein Name drauf, und damit ist der Weg in die Mittelmäßigkeit verboten, egal, wie das Konzept aussieht. Und das funktioniert leider im Moment noch überhaupt nicht. Ich habe hier kürzlich schon nach einem Mittagessen im Garten geschrieben, dass ich das Essen ziemlich gesichtslos und routinemäßig finde. Und diesen Eindruck hat nun auch ein Besuch in der ersten Etage bestätigt, wo es, ja: Gourmet-Menüs (?) gibt.

Der kleine Raum ist anheimelnd eingerichtet, lässt Gutes erwarten. Dann kommt die Karte, erste Enttäuschung: Nur sieben verschiedene Gerichte, verpackt in zwei Menüs, nichts Vegetarisches, überhaupt nichts, was man interessiert bestellen würde, weil es originell, persönlich klingt. Auf der Weinkarte: zwei offene, 13 Flaschenweine, nichts besonders Verlockendes. Mit Verlaub: Da bietet jedes Landgasthaus mehr. Auch die übrigen Indizien sprechen eine deutliche Sprache. Es gibt ein bisschen Brot mit Paprikacreme, kein Amuse gueule, der Wein wird in einen Edelstahlkühler ohne Eis gestellt, das Wasser bleibt ganz ungekühlt.

Es gibt auch noch was zwischen Gourmet und langweilig...

Dann kommen die Lachsvariationen mit Meerrettich und roten Beten. „Und hier“, erklärt der Kellner, „haben wir das Tatar...“ Dann stutzt er, bemerkt, dass da heute kein Tatar ist. Dann eben ohne. Es bleiben zwei aufgerollte Scheiben Beizlachs, Qualität zweitklassig, von der grauen Schicht unter der Haut nicht befreit, ein Stück feste Meerrettichterrine, ein paar Rote-Bete-Würfel – kalte Baukastenküche (14 Euro). Gut gelingt das sehr saftig gegarte Doradenfilet mit einer Jakobsmuschel in einer Currysauce und einem nicht identifizierbaren, kohlartigen Gemüse (18 Euro, Menüs 38/64 Euro).

Die Gänsekeule mit Grün- und Rotkohl sowie einem Kartoffelknödel ist von normaler Gasthausqualität, durchweg ein wenig überintensiv gewürzt (18 Euro), und das gilt auch für die rosa gebratene Rehkeule mit, seufz, Preiselbeerbirne, Wirsing und gebratenem Serviettenknödel (28 Euro). Zwei Desserts, die sich gut vorbereiten lassen: Gewürzkaffeeschaum auf exotischen Früchten (mit Orangenkern), und Grießflammeri mit Rotweinbirne, mit undeutlichem Eis und Schokoschaum aufgemöbelt (8,50 Euro). Sehr selbstverliebter Service.

Bilanz: So geht’s nicht. Hier sind Leute am Werk, die was können. Aber statt das nun enthusiastisch zu zeigen, schlagen sie die Zeit am Herd mit Kochen tot. Und das funktioniert weder mit einem Gourmet-Restaurant noch mit einer Wurstbude – und auf keinen Fall, wenn draußen „Buchholz“ draufsteht. Es gibt auch noch was zwischen Gourmet und langweilig. Aber vorerst nicht hier.

Ein Leser hat mir das vietnamesische „Bao“ am Hindenburgdamm 57a in Lichterfelde wärmstens ans Herz gelegt, und das ist zumindest wegen der Vorspeisen durchaus berechtigt, die Sommerrollen und die Suppe schmecken, auch der Mango-Salat mit Krabben, der aber längst nicht so aufregend-scharf ist, wie die Karte verspricht. Die trockene, lange vorgebratene Ente in Erdnusssauce hätte ich weniger gebraucht – aber das ist im Lichte der sehr bescheidenen Preise zu sehen. Ich würde mal wieder hingehen, wenn ich in der Gegend bin. (www.bao-cooking.de, Tel. 83203483 Montag Ruhetag).

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