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Von TISCH zu TISCH: Gabriele

Schwarzfederhuhn und Polenta

Die Aufräumarbeiten dauern an: Nach dem Abgang von Tim Raue musste das für ihn gestrickte Restaurantkonzept der Adlon-Collection völlig neu sortiert werden – wir reden nicht vom Adlon selbst, sondern von den Restaurants auf der Rückseite des Hotels, die nicht von Kempinski betrieben werden, sondern von einer Gesellschaft der Familie Jagdfeld. Am leichtesten war das beim Felix, das einfach weiter lief, „Ma“ und „Uma“ wurden zum „Uma“ zusammengelegt. Auch das „Gabriele“ behielt seinen Namen, musste aber noch einmal völlig neu aufgestellt werden, nachdem Küchenchef Björn Panek nach Dubai gegangen war und der von ihm erkochte Michelin-Stern in der Versenkung verschwand.

Das neue Konzept ist prinzipiell wieder das ursprüngliche: Man möchte das „italienische Wohnzimmer Berlins“ werden. Nun ist die aufwendige Einrichtung, die das amerikanische Design der 40er Jahre zitiert, nicht unbedingt wohnzimmertypisch, ebenso wie die kleine Kunstsammlung an den Wänden. Dann muss es die Stimmung bringen, und dafür haben die Betreiber etwas völlig Richtiges getan: Den besten Restaurantleiter zu verpflichten, der gerade auf dem Markt war. Vedad Hadziabdic kam vom Brandenburger Hof, wo er gerade den Titel „Berliner Maitre des Jahres“ errungen hatte – er ist einer, der auf Wunsch den hohen Gourmet-Ton trifft, ihn aber auch lässig unterspielen kann, fachlich untadelig.

Und er hat nun auch selbst etwas völlig Richtiges getan, indem er die Weinkarte auf den Kopf gestellt und den Dampf aus den zuletzt völlig überdrehten Weinpreisen herausgelassen hat. Nun gibt es passable Flaschen, etwa aus Sizilien oder Südtirol, schon unter 30 Euro, das ist für ein Restaurant dieses Ehrgeizniveaus sehr angenehm; kompliziertere Wünsche verspricht man aus der angrenzenden Adlon-Weinhandlung zu erfüllen.

Das Essen, ah ja. Es hat mir nicht schlecht gefallen, ließ aber an verblüffend vielen Stellen die nötige Feinabstimmung vermissen, hat vielleicht da und dort auch nur meinen Geschmack verfehlt. Brotsalat zum sehr fein marinierten Jakobsmuschel-Carpaccio – warum nicht? Nur wird daraus undifferenzierter Matsch, wenn er in eine Zucchiniblüte gefüllt wird, und das (vermutlich) nicht erst à la minute. Und warum soll der Gast das alles aus einem Schnapsglas angeln? Eine andere Sache ist das mit den Tomaten. Gute italienische Köche wissen instinktiv, wann sie die volle Power brauchen und wann nur transparente Fruchtigkeit. Hier, zu einer mit Käse gratinierten Auberginen-Lasagne, gab es die volle Power, aus getrockneten Tomaten oder Mark, das ließ sich schlecht feststellen. Doch deren konzentrierte Süß-Säure übertönte alle anderen Aromen und lähmte den Gaumen. Und beim Risotto bin ich Traditionalist: Ich mag es leicht flüssig und nicht, wie hier, als zäh zusammenhaftenden schwarzen Berg. Geschmacklich war es okay, mit dem leichten Meeresaroma der Tintenfischtinte und zarten Calamaretti obenauf.

Schwarze und weiße Nudelblätter wechselten sich in der sehr gelungenen Hummer-Lasagne mit grünen Erbsen und weißen Rüben. Zum Schwarzfederhuhn, saftig, aber nicht sehr ausdrucksstark, passten die aromatischen Trüffelscheiben gut, Lardo, Polenta und Grappa-Sauce ergänzten sich auf angenehme Art. Ein Stück abwärts ging es dann mit dem übergarten Filet vom Loup de Mer, das mit seltsamen Beilagen auftrat: rohen Spinatblättern, die noch als Salat durchgegangen wären, gelben Teilchen, die wie Pommes aussahen, aber aus Kichererbsen sein sollten, und einer dunklen, eher an Tomaten erinnernden Sauce, die auf der Karte als „Krustentier-Mango-Schaum“ ausgewiesen war, sehr rätselhaft. Ausgezeichnet gelangen dann die Desserts, beispielsweise das sahnige, nicht zu schwere Tiramisu mit Blaubeersorbet und die Ananas mit Fenchel, Kalamansi-Sorbet und einer Karamell-Creme. (Vorspeisen/Zwischengerichte um 15, Hauptgänge um 30 Euro.)

Hier ist mehr möglich. Und es kann, etwas mehr Gelassenheit und Präzision vorausgesetzt, auch erreicht werden.

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