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Von TISCH zu TISCH: Hot Spot

Über Tee geräucherte Ente

Ah, Glutamat! Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Die Deutschen wollen das Zeug nicht mehr. Jeder dritte TV-Werbespot gelobt, das dazugehörige Produkt sei garantiert ohne Geschmacksverstärker angerührt, und Peter von Frosta, der die Welle einst auf scheinbar verlorenem Posten anschob, ist zum Pionier geworden. Der Berliner Topkoch Christian Lohse, der so etwas natürlich normalerweise nicht verwendet, hat kürzlich im Fernsehen ein seltsam schizophrenes Geständnis abgelegt: Glutamat? Nein. Bzw.: Doch. Und zwar ausschließlich für asiatische Gäste im Zimmerservice, „sonst krieg ich das von denen alles wieder zurück“.

Der Krieg der Zungen also wütet immer noch zwischen den Kontinenten; in Berlin ist er aber selbst in den China-Restaurants schon zu Ungunsten des Glutamats entschieden. Immer mehr Speisekarten versprechen Abstinenz in mehreren Sprachen, es soll reine Natur herrschen und nicht das pseudosalzige Pülverchen, das im dringenden Verdacht steht, allerhand Allergien auszulösen, ganz abgesehen davon, dass es in Zeiten globaler Slowfooderei allemal als unethisch gilt, nicht vorhandenen Geschmack chemisch vorzutäuschen.

Nun aber schnell zum „Hot Spot“, dem gegenwärtig schwer angesagten China Res taurant in Charlottenburg. Halt, auch hier wieder die übliche Vorrede: Das ist im Prinzip die Sache mit der riesigen, durchnummerierten Speisekarte und Preisen, die schon durch ihre bescheidene Kalkulation erkennen lassen, dass gewiss kein gehobenes Gourmetniveau angestrebt wird. Und auch die Einrichtung ist, sagen wir: sachbezogen, wohl vom Vorgänger weitgehend übernommen, jedenfalls ohne viel Geld realisiert. Deshalb fallen als Erstes die Weine auf – ein tolles Angebot, das völlig aus dem Rahmen fällt und auf einen Kenner und Liebhaber schließen lässt, der sich nicht vom Großhändler den üblichen Kram schicken lässt. Tatsächlich ist der junge Chef sofort zur Stelle und erläutert gern in gutem Deutsch, was er hat und wie es zum Essen passt.

Konsequenterweise sind das besonders viele halbtrockene oder süße deutsche Weine, die die chinesische Küche gut ergänzen; schon der feinherbe „Bernkasteler Badstube Kabinett Riesling“, Jahrgang 2005, von Markus Molitor, würde mir als Begründung für einen Besuch angesichts des Preises von 29 Euro völlig ausreichen. Doch auch gehobene Bordeaux sind da, ebenfalls freundlich kalkuliert.

Die Speisekarte lässt immerhin durch kleine Chili-Symbole von eins bis vier erkennen, dass hier auch scharf gekocht wird und nicht nur nach dem süß-sauren Einheitsgeschmack des Zufallsgastes. Wir hielten uns eher auf der milden Seite – und fanden, das eine oder andere hätte durchaus schärfer sein können. Auf der gut sortierten Vorspeisenplatte für zwei (20 Euro) lagen würziges Rindfleisch in dünnen Scheiben, aromatischer Hühnersalat, leicht geschärfter Krautsalat, marinierte Gurken, dazu ein Tofu-Häuflein, das ich Fans anempfehle; ich mochte es nicht, aber das lag am Tofu an sich. Sonst: gut gelungen, sorgfältig gemacht.

Unser willkürlicher Test der Hauptgänge brachte ebenfalls gute Ergebnisse. Auffällig vor allem, dass es hier keinen Standardgeschmack gibt, dass keine penetrante Süße und kein ewiger Essigstich von den eigentlichen Zutaten ablenken. So kam der hübsch kross frittierte Rotbarsch süß-sauer ebenso gut zur Geltung wie das zweimal gebackene Rindfleisch mit Paprika (um 14 Euro). Und die über Tee geräucherte Ente, weitgehend entbeint und mit schön knuspriger Haut, war sogar eine besondere Überraschung, wenn uns auch der intensive Geschmack relativ schnell ermüdete. Doch der Beweis, dass es ohne Glutamat geht, wird hier quasi nebenbei erbracht.

Wir haben es hier also mit einem grundsympathischen Restaurant zu tun, das keine neuen Horizonte entwirft, aber viel Spaß für relativ kleines Geld bietet und dazu auch noch mit nettem Service und preisgünstigem Mittagsmenü punktet. Eine Bereicherung für den westlichen Kurfürstendamm.

Hot Spot China-Restaurant: Eisenzahnstraße 66 in 10709 Berlin, es hat täglich 12:00 - 23:30 Uhr geöffnet.

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