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Von TISCH zu TISCH: Maurice

Nagelrochen mit Polenta

Eine bessere Aussicht kann man sich in Dresden kaum wünschen. Auf der Terrasse des Restaurants Maurice sitzt man auf Augenhöhe mit der Kuppel der Frauenkirche. Diesen dramatisch schönen Blick genießt man, in etwas eingeschränkter Form, auch im Private Dining Room. Der eigentliche Restaurantraum hat zwar keine tolle Aussicht, doch kann man sich dort bei schlechtem Wetter immerhin ganz auf die Küche von André Mühlfriedel konzentrieren.

Erst seit gut zwei Jahren steht der gebürtige Dresdner, der unter anderem bei Käfer in München und Tim Raue in Berlin gelernt hat, hinter der barocken Fassade des Suitess-Hotels am Herd und hat sich schon den ersten Michelin-Stern erobert. Er verzichtet auf allzu artifizielle Spielereien und konzentriert sich ganz auf sinnliche Genüsse. Schon die ersten Details überzeugen. Zu köstlichen Brotsorten gibt es neben einer Salzbutterrose Entenschmalz und Edelpilzsalz.

Ein perfekt gegartes, pralinengroßes Ministeak vom sächsischen Reh mit Haselnussscheibchen und zarten, kunstvoll geschichteten und mit Wildkräutern geschmückten Schwarzwurzelstäbchen, schickte er bei unserem Besuch vor einiger Zeit als Gruß aus der Küche.

Der confierte Schweinebauch hätte etwas zarter sein können, passte aber gut auf ein Carpaccio-Bett vom Felsenoktopus und wurde extrem sanft abgefedert mit luftigem, hellgrünem Kräuterschaum. Auch der zweite Gruß aus der Küche hatte bodenständige wie geniale Aspekte. Da gab es Dreierlei vom Apfel, Chutney, Espuma und dazu ein Apfel-Melissen-Sorbet. Das war mehr als nur ein Neutralisator, das schmeckte richtig gut.

Der Höhepunkt des Mahles war tatsächlich das Hauptgericht. Der wunderbar saftige Nagelrochen lag auf einer halbflüssigen Polenta, ein tolles Geschmackserlebnis, das durch Langostinos, einem angenehmen Gemüse mit Tomaten und Fenchel und einigen Löffelchen Sauce Ratatouille noch angereichert wurde. Etwas mehr Sauce wäre nicht schlecht gewesen, da sie schon mal so gut schmeckte.

Auch bei den Desserts brannte Mühlfriedel ein kleines Feuerwerk ab. Die kandierte Marone verkleidete er lustigerweise in einen leuchtend grünen Kakteenmantel. Das genau richtig gekühlte Zimteis platzierte er auf einem kreisrunden Taler klein gehackter Schokoladen-Balsamico-Pflaumen. Likörschokolade kombinierte er mit Pfirsichespuma, Quittenkonfit und Honigtrüffel. Das kleine Abendmenü, drei Gänge plus Küchengrüßen, kostet 65 Euro, Vorgerichte liegen ansonsten zwischen 9 und 23 Euro, Zwischen- und Hauptgerichte zwischen 19 und 35 Euro, Desserts bei zirka 16 Euro.

Der Service war zwar freundlich, offenbarte aber noch Steigerungsmöglichkeiten. In dieser Kategorie ist es manchmal etwas kompliziert, sich die Namen der Gerichte im Einzelnen zu merken, aber auf diese Mühe sollten auch junge Kellner, die auf Sterne-Niveau arbeiten, immer eingestellt sein. Die unprätentiöse Art des Umgangs mit den Gästen wird vor allem schätzen, wer nicht ständig in Spitzenrestaurants verkehrt.

Dass auf der Weinkarte zwar Tropfen unter anderem aus Südafrika, Australien, den USA und wichtigen europäischen Regionen zu finden sind, aber nichts aus dem unmittelbar benachbarten Saale-Unstrut-Gebiet, begründete der Service mit den geringen Mengen, die dort angebaut werden. Dafür widmet man sich den sächsischen Winzern mit besonders viel Liebe, eine ganze Seite gilt allein dem Werk Klaus Zimmerlings, und Martin Schwarz, der Kellermeister von Schloss Proschwitz, ist dort auch mit eigenen Weinen vertreten. Der offene 2008er Riesling Kabinett, den man uns anbot, war eine sehr fruchtintensive Empfehlung für Schloss Proschwitz (0,1 = 12 Euro). Auch die Cuvée Alexandra, ein Sekt vom selben Gut, schmeckte ausgezeichnet (0,1 = 7 Euro).

Von Berlin nach Dresden fährt man zwei Stunden und 16 Minuten mit dem Zug, und vom Bahnhof zur Frauenkirche ist es nur ein netter kleiner Spaziergang. Das lohnt die gelungene Kombination von Aussicht und Essen allemal.

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