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Renger-Patzsch, Wartburgstr.54, Schöneberg, Tel. 784 20 59, täglich ab 18 Uhr geöffnet.

© Kai-Uwe Heinrich

Von TISCH zu TISCH: Renger-Patzsch Wintersalat mit Gänseklein und Kastanien

Sehen wir der kulinarischen Wahrheit mal ins Gesicht: Der normale Esser hat mit kreativen Köchen wenig im Sinn. Anders ist nicht zu erklären, warum Milliarden von Pizzas verkauft werden und Milliarden Wiener Schnitzel, und warum jeder, die besten Köche eingeschlossen, auf die Frage nach dem Lieblingsgericht mitteilt, das seien die Königsberger Klopse (Sauerbraten, Schweinshaxn) der Großmutter.

Sehen wir der kulinarischen Wahrheit mal ins Gesicht: Der normale Esser hat mit kreativen Köchen wenig im Sinn. Anders ist nicht zu erklären, warum Milliarden von Pizzas verkauft werden und Milliarden Wiener Schnitzel, und warum jeder, die besten Köche eingeschlossen, auf die Frage nach dem Lieblingsgericht mitteilt, das seien die Königsberger Klopse (Sauerbraten, Schweinshaxn) der Großmutter.

Ich esse so was ja auch ganz gern – nur schreibt sich einfach schlecht drüber. Vermutlich habe ich deshalb nie einen Fuß in das Schöneberger „Renger-Patzsch“ gesetzt, in dem der langjährige Szeneheld Hannes Behrmann, der auch mal im „Cochon Bourgeois“ gekocht hat, die bürgerliche Küche pflegt. Der Impuls kam vom Michelin, der hier kürzlich den „Bib Gourmand“ vergeben hat, das Zeichen für gutes, bezahlbares Essen.

Der ist an sich noch nicht viel wert. Dahinter sammeln sich Fast-Stern-Restaurants, zu Recht verkannte Kreative und Landgasthäuser zwischen Murks und Solidität. Das Renger-Patzsch würde ich nun ohne Einschränkungen in die Schublade „Solidität“ stecken, weil es präzise das bietet, was die Karte verspricht, aber so, dass es schmeckt und den Eindruck hinterlässt, dass hier engagierte Profis genau das tun, was sie können.

Na gut, sie könnten vielleicht in die Herstellung von Vorspeisen noch ein wenig mehr Energie stecken, denn das sind im Wesentlichen Salate und verkleinerte Hauptgerichte. Sowohl der Wintersalat mit geröstetem Gänseklein und Kastanien (9,50) als auch der recht ähnliche Salat mit Kalbsbäckchen, Artischocken und Bohnen waren äußerst angenehm, frisch, kräftig abgeschmeckt, also genau das, was in Erwartung eines deftigen Hauptgangs eben so hineinpasst.

Die Kürbissuppe mit Kernöl (6,50) bestach durch Geschmack und angenehmste Konsistenz, und auch die gebratenen Wolfsbarschfilets auf Fenchelrisotto (10,50) waren gut gemacht; dass hier die kleinen Zuchtfische genommen werden und keine geangelten Luxusviecher, ist im Lichte der bescheidenen Preise zu sehen.

Wer wenig Geld hat, der sollte hier einfach nur mal hingehen und warten, bis das Elsässer Sauerkraut aus der Küche geschleppt wird – der Anblick allein macht satt, und ich war ganz froh, dass ich was anderes bestellt hatte Nämlich gebratene Ente, Keule und ein Stück Brust, mit Rotkohl, Äpfeln und Serviettenknödeln (19 Euro). Das hatte den unverkünstelten Charme eines Großmuttergerichts, sieht man davon ab, dass keine Großmutter so abgründig köstliche Fleischfonds ansetzt.

Dunkle Saucen, wie es sie bei den Sterneköchen leider nicht mehr gibt, begleiteten auch den saftigen Spanferkelrücken (Kümmeljus, Schalotten, Wirsing, Kartoffelplätzchen, 19 Euro) und die Perlhuhnbrust mit Kürbis-Linsen-Gemüse und Schupfnudeln (aus dem Drei-Gang-Menü für 27 Euro). Alles deftig, handwerklich ohne Fehl und zum Sattessen. Ein Dessert passt noch rein: Spekulatiusparfait mit Punschzwetschgen.

Ich verstehe gut, dass dieses ziemlich große Restaurant meist voll ist, weil es hier nämlich durchaus möglich ist, für nicht einmal 100 Euro zu zweit glücklich zu werden – es geschieht also das, was manche Etepetete-Gourmetstube für das Vierfache nicht hinbekommt. Die Gesamtsumme hängt natürlich auch hier ein wenig vom Trinkverhalten ab, aber die Verlockungen halten sich in Grenzen. Es gibt ein knappes, gut ausgesuchtes und geografisch passendes Weinangebot, beispielsweise einen Weißburgunder von Reinhold und Cornelia Schneider (Baden) für 33 Euro, und das ist er wirklich wert. Dass die Jahrgänge in der Karte fehlen, wirkt allerdings ziemlich überpragmatisch. Der Liter Leonhardt-Wasser kostet 6,50, das Glas Champagner 8,50 Euro, bitte, auch an dieser Stelle wird niemand hinterrücks geneppt.

Bleibt noch nachzutragen, dass der Name dieses Gasthauses an den Fotografen Albert Renger-Patzsch erinnert, dessen sachliche Landschaftsbilder den kargen, aber nicht ungemütlichen Gastraum schmücken. Ob er kochen konnte, weiß ich nicht; zum Essen wäre er sicher gern hierher gekommen.

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