zum Hauptinhalt
The Bird, Am Falkplatz 5, Prenzlauer Berg, Tel. 510 532 83, geöffnet täglich ab 18 Uhr.

© Kai-Uwe Heinrich

Von TISCH zu TISCH: The Bird

Nein, 20 Uhr ist ausgeschlossen. Frühestens um 20.30 können wir einen Platz reservieren.

„Den kann ich Ihnen dann für zwei Stunden überlassen“, sagt die Kellnerin am Telefon. „Zwei Stunden?“ „Na gut, zweieinhalb.“ Sehr freundlich.

Als Erstes fällt in „The Bird“ die Schlange auf vor dem Stehpult der Tischeverteilerin. Als Zweites der beißende Geruch nach altem Fett. Während wir um den reservierten Platz anstanden, fiel mein Blick auf ein Schild über der Tür: „Hippies Use Side Door.“ Was soll’s, der Laden brummt. Um die eng beieinander stehenden Tische aus hellem, lackiertem Holz versammelt sich die junge, internationale Boheme, die bei aller Gentrifizierung immer noch typisch ist für diese Gegend der Stadt. Rote Backsteinwände geben dem wuseligen Ambiente einen Anschein von Gemütlichkeit. Wer sich die Hände waschen will vor dem Fingerfood, wird freilich auf ganz und gar unamerikanisch streng riechende Toiletten treffen. Die Karten sind speckig und abgegriffen und offenbaren den Humor amerikanischer Collegekids. Die Kellner sprechen konsequent englisch.

Darauf sollte man vielleicht erst mal ein Brooklyn Lager trinken. Ist nur leider schon ausgetrunken. Komisch, steht aber sogar noch mit Kreide auf der Schiefertafel über dem Tresen. Die Karte dient nicht gerade der Aufheiterung. Das Clubsandwich mit Putenbrust gehe dem Koch auf die Eier, heißt es da, und dass man in Berlin sowieso oft nur faule oder unreife Avocados kriege, man also nicht garantieren könne, dass es für den mexikanischen Burger auch wirklich Guacamole gebe. Wer die unbedingt wolle, könne ja auch nach Mexiko gehen. Und dass man bloß nicht die Burger mit Messer und Gabel, sondern unbedingt mit den Händen essen solle und bitte davon Abstand nehmen, sie gut durchgebraten zu bestellen. So was hasst der offenbar sehr empfindsame Koch nämlich auch.

Okay, dann beginnen wir mal mit Rotwein und Chicken Wings, die in drei Schärfen angeboten werden. Der Rotwein, ein argentinischer Malbec (19,50 Euro), ist tatsächlich vorrätig, die Chicken Wings sind leider aus, obwohl sie in der Variante „Napalm“ ebenfalls noch auf der Schiefertafel stehen. Na gut, an Vorspeisen werden geboten: Caesar’s Salad mit Anchovis (6,50 Euro) und Caesar’s Salad ohne Anchovis (5,50 Euro). Die Zahl der bräunlich angelaufenen Blätter hielt sich sogar in erfreulichen Grenzen.

Wer den Burger doch mit Messer und Gabel essen möchte, findet Vintagebesteck in ollen Bierkrügen auf dem Tisch. „The Fat Stingy Gonzales“ hatte tatsächlich Guacamole oben drauf, zubereitet aus einer zu harten Avocado mit starkem Knoblauchgeschmack. Kleiner Tipp für den lustlosen Koch: Es gibt in Berlin vorzügliche türkische Gemüsegeschäfte, in denen man günstig Avocados auf Vorrat kaufen kann. Dann einfach nachreifen lassen. Der Burger selbst war noch ziemlich rot innen, leider auch sehr laff gewürzt und recht knorpelig. Anderswo würde dieses Premium-Beef als Steak verkauft, lassen die Betreiber großmäulig verlauten. Ein Salatblatt, eine trockene Tomatenscheibe, paar Zwiebeln, ein halbes Gürkchen, dem man das Hausgemachte jedenfalls nicht anschmeckte, das Brötchen kalt, weiß und zäh. Die angekündigte Salsa Verde hat sich bestimmt auch irgendwo versteckt, aber so unaufdringlich, dass sie nicht zu bemerken war. Die Pommes aus ungeschälten Kartoffeln kann man aufbrezeln mit Chili Cheese (3,50 Euro), aber begraben unter der Mischung aus Chili con Carne und geschmolzenem Käse sind sie nur matschig (12 Euro). Aus „Da Birdhouse“, dem Hausburger, fließt goldgelb Käse heraus, dazu gibt es noch Speck (11,50 Euro).

Was es denn zum Nachtisch gibt, wollten wir von der Kellnerin wissen. „Ahemm, normalerweise haben wir Käsekuchen, aber ich glaube, der ist aus.“ War er auch. Wer spät hierher kommt, sollte vorher unbedingt essen. Ein Muss ist der Besuch für alle, die lang anhaltenden Essensgeruch in ihren Klamotten lieben.

Zu zweit zahlten wir dann immerhin doch 64 Euro. Ein Trinkgeld in Höhe von sechs Euro verordnete sich die Kellnerin selbst, bot nicht mal an, das Wechselgeld zurückzugeben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false