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Schön schlicht. Das "Tisk" in der Neuköllner Neckarstraße.

© promo

Von Tisch zu Tisch: Tisk

Hier kocht „The Taste“-Gewinner Kristof Mulack. Das Küchenprogramm seiner brandneuen „Speisekneipe“ ist klein, empfehlenswert – und spricht berlinisch.

Früher mussten sich unsere Starköche erst in einem Restaurant bewähren, bevor dann der TV-Ruhm ihr weiteres Leben bestimmte. Heute funktioniert das auch schon mal umgekehrt – erst die Glotze, dann die Kneipe. Wobei Kristof Mulack, der Gründer des Neuköllner „Tisk“, nicht ganz in dieses Schema passt, denn er ist ein Autodidakt, der sich den Weg in die Szene erst über einen Supper-Club und dann über den Sieg in der TV-Show „The Taste“ geebnet hat. Und was er nun in einer ziemlich windigen Ecke des Kiezes macht, ist weit entfernt von jeglichem TV-Glamour. Er nennt das Konzept „Speisekneipe“. Mitstreiter ist der bei Tim Raue gestählte Martin Müller.

Die Einrichtung ist schön schlicht mit wunderbaren grünen Fliesen hinter der geschwungenen Theke, dazu schwallen Hits der Schulterpolster-Ära aus den Lautsprechern. Wer will, kann sich gleich auf Barhocker setzen und den Köchen bei der Arbeit zusehen und ein Menü einnehmen, das es nur an der Bar gibt.

Die Vorspeisen haben Aufmerksamkeit verdient

Das Küchenprogramm an den Tischen selbst ist klein und spricht berlinisch, gipfelnd im ganzen Broiler, der zum Wahrzeichen des Restaurants erhoben ist. Der Gast aber sollte dem Flattermann Zeit lassen und sich den wenigen Vorspeisen zuwenden. „Jurkensalat“ heißt eine, bestellbar mit und ohne „unjerollten Mops“, es gibt gebackene Blutwurstkroketten, einen Möhrensalat mit Graupen und eine Sauerkrautsuppe – Punkt. Was dann kommt, hat wenig zu tun mit der einfachen Partyküche, die diese Ankündigung vermuten lässt, ist aber auch nicht ironisch verfremdet. Der Gurkensalat zum Beispiel besteht aus akkurat geschnitzten Gurkenstäbchen mit weichen Senfkörner in einer Marinade aus Jalapeno-Pfeffer, Äpfeln, Joghurt und Essig, das schmeckt durchaus schon nach den Gemüsekunststückchen der aktuellen Hochküche, zumal mit dem Mops, der sich als marinierte Makrele herausstellte. Am Boden bleiben hingegen die knusprigen Blutwurstkroketten mit gut passendem Apfelmus; dass sie ausdrücklich „zum Teilen“ gedacht waren, mag sein, allerdings sollten dann für drei Gäste nicht ausgerechnet exakt zwei gebracht werden. Auch die fünf Gurkenstäbchen brachten uns unter diesem Aspekt ins Grübeln. Kein Problem war das Teilen beim Möhrensalat, der zwar nach Kindergeburtstag aussah, aber gut schmeckte, abgerundet mit Frischkäse, Honig und Sanddorn (5 bis 8 Euro).

Der Broiler kommt als herrlich saftiger Braten

Die Sauerkrautbrühe war ganz dem Umami-Gedanken gewidmet, denn Kraut, Kartoffelwürfel und Kasslereinlage wurden von fermentierter Paprikapaste in die Nebenrolle gedrängt – das war uns zu viel Würze. Nun aber zum Broiler, der hier natürlich nicht fettig vom Grillspieß kommt wie vorn an der Hermannstraße, sondern à la mode sanft vorgegart und dann im Dämpfer mit Schmackes nur noch überbräunt wird (18,50 Euro). Das gibt zwar keine konventionelle Knusperkruste, aber einen herrlich saftigen Braten ohne die sonst unvermeidliche Übergarung des Brustfleischs. Beilagen gehen extra, Pommes frites oder „Mischjemüse“, stilecht mit Maggi, oder „Kartoffelpü“, dem die Karte das „…ree“ genommen hat, wir fanden es ein wenig zu kompakt.

Im Ganzen kommt der „Polenkohl“, eine elegante Variante des Blumenkohls auf polnische Art mit Ei, Dill und Zitrone, die außen klasse schmeckte, dann aber zunehmend langweilig wurde – wir empfehlen ihn sehr für vier bis sechs Vegetarier (13,50 Euro). Zwei gute Desserts gleicher Stilebene gibt es noch drauf: Rote Grütze, klassisch, aber mit Amarena-Eis und Purple-Curry witzig verfremdet, und Milchreis mit Salzkaramell, Zimt und, logisch, Dosenmandarinen. Das war schon fast das ganze Küchenprogramm, wir hätten noch Lammhaxe bestellen können und Fleischsalat oder schlichtes „Abendbrot“ mit Mett, Brot und Butter. Dazu gibt es Bier, Cocktails, hausgemachte Limos und ein paar anständige Weine.

Also? Das ist mal gut. Aber fürs Wiederkommen wird es wichtig sein, wie die Küche dieses Programm weiterdreht. Der Broiler kann ja bleiben.

Tisk, Neckarstraße 12, Neukölln, Tel. 39 82 00 00 0. Geöffnet von Dienstag bis Sonnabend ab 18 Uhr. tisk-speisekneipe.de

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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