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Gesundheit: Alle Augen auf den Präsidenten

Elite jetzt: Klaus Wowereit ermahnt den neuen HU-Chef Christoph Markschies

„Keine Amtsübergabe ohne Störung“, hatten langjährige Angehörige der Humboldt-Universität im Vorfeld der Antrittsfeier des neuen Präsidenten geargwöhnt. Doch es kam anders. Die Studierenden mochten die feierliche Inauguration von Christoph Markschies am Montagabend im Audimax nicht als Plattform für Proteste nutzen, offenbar herrscht eine Beißhemmung gegenüber dem liebenswürdigen Theologen. So verfolgten 800 Zuschauer zufrieden, wie Markschies sich tief verneigte, damit ihm der kleiner gewachsene Richard Schröder die Amtskette der Hochschule (siehe Kasten) um den Hals hängen konnte, vor Gästen wie Richard von Weizsäcker, Bischof Wolfgang Huber oder dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen.

Auf diesen Moment hat die Uni lange gewartet. Nachdem Markschies’ Vorgänger Jürgen Mlynek im vergangenen Frühjahr überraschend seinen Wechsel an die Spitze der Helmholtz-Gemeinschaft angekündigt hatte, durchlebte die Hochschule „quälende Monate“ des Streits, wie Schröder, der Vorsitzende des Konzils der Uni, sagte – bis Markschies ins Spiel kam. Gute Omen dafür, dass er der Richtige ist, sieht Schröder viele: Markschies komme einmal nicht von außen, sondern aus der HU, wegen seiner Jugend dürfe man von ihm „Schwung“ erwarten, und sein Humor werde Humboldts manchmal im Streit „knirschendes Getriebe“ ölen. Als gebürtiger Berliner sei Markschies außerdem mit „den Absonderlichkeiten der Berliner Politik“ bereits vertraut, müsse also „nicht eingearbeitet werden“.

Diese letzte Bemerkung konterte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, indem er die Erwartungen Berlins an Markschies in geradezu drohender Deutlichkeit aussprach: „Jetzt konnten Sie noch sagen, ,da war ich noch nicht im Amt’“, sagte Wowereit zum vorläufigen Scheitern der Humboldt-Universität in der Königsdisziplin des Wettbewerbs. „Aber in der zweiten Runde werden sich alle Augen auf Sie richten.“

Um dann zu bestehen, will Markschies aus den Fehlern lernen. Der erste Schritt dazu bestehe aber „nicht etwa in der Konsultation einer Beratungsagentur“, sondern in einer Analyse der Stärken und Schwächen der gesamten Universität.

Überhaupt solle die Hochschule nicht „atemlos Reformidee auf Reformidee türmen“, sondern sich ihrer selbst vergewissern. Wie das gelingen kann, führte Markschies im Rückgriff auf Gedanken von „Berliner Universitätsreformern aus 200 Jahren“ vor. So habe Helmholtz unter „akademischer Freiheit“ die vollkommene Freizügigkeit der – wie schon Helmholtz sie nannte – „Studierenden“ verstanden. „Drohen nicht Bachelor und Master die akademische Freiheit über Gebühr zu ruinieren?“ fragte Markschies unter dem Applaus der Zuhörer. Die Humboldt-Universität werde dafür sorgen, dass die Studierenden auch in Zukunft zwischen Kursen und Dozenten wählen und Auslandssemester einschieben könnten.

Eine „klitzekleine Eliteschule für einen klitzekleinen Kreis“ schwebt Markschies aber nicht vor. Im Geiste Schleiermachers, der auch „ein Herz für mittelmäßig Begabte“ gehabt habe, sieht er seine Uni in der sozialen Verantwortung, wenn es um den neuen Studentenandrang geht. Dennoch müsse es ihr erlaubt sein, „zielstrebig Hochbegabte auszuwählen“ und ihr zahlenmäßiges Verhältnis zu den anderen Studierenden zu bestimmen.

Wie wird die HU an ihrem 200. Jubiläum in vier Jahren aussehen? Für Gesprächsstoff beim Umtrunk mit Bier und Buletten sorgte noch eine nebulöse Anspielung Klaus Wowereits zur aktuellen Reise des Wissenschaftsausschusses in die USA. Wenn die Politiker schon nach Kalifornien reisten, dann doch, damit Berlin die Vorteile des dortigen Uni-Systems kopiere, sagte Wowereit. Das kalifornische Modell: ein gemeinsames Dach für mehrere Unis.

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