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Gesundheit: Ansturm auf abgezählte Plätze

"Am liebsten wäre mir gar kein Numerus clausus", sagt Professor Ulrich Steinmüller, Sprachwissenschaftler an der TU. Er gehört zu den Eltern des neuen Magisterteilstudiengangs Deutsch als Fremdsprache (DaF), den die TU Berlin zum Wintersemester 1999/2000 erstmals anbietet.

"Am liebsten wäre mir gar kein Numerus clausus", sagt Professor Ulrich Steinmüller, Sprachwissenschaftler an der TU. Er gehört zu den Eltern des neuen Magisterteilstudiengangs Deutsch als Fremdsprache (DaF), den die TU Berlin zum Wintersemester 1999/2000 erstmals anbietet. Bis 2003 stehen jährlich nur 30 Plätze für Studienanfänger mit dem Hauptfach Deutsch als Fremdsprache und 15 Plätze für Nebenfächler zur Verfügung. Neue Studenten beginnen immer zum Wintersemester. Mit der Einrichtung des neuen Studiengangs besteht in der Region jetzt erstmals die Möglichkeit, Deutsch als Fremdsprache "grundständig" zu studieren, also als Haupt- oder Nebenfach. Bisher wurde das Fach nur von FU und Humboldt-Universität als Ergänzungs- oder Zusatzstudium für Germanisten und andere Philologen angeboten.Seit Anfang der neunziger Jahre erlebt Deutsch als Fremdsprache einen Boom. Mit der deutsch-deutschen Vereinigung, vielen Spätaussiedlern und einer wachsenden Nachfrage nach Deutsch im Ausland stieg auch das Interesse an DaF. "Bevor wir einen Numerus clausus eingeführt haben, hatten wir mehr als 600 Studierende", erinnert sich Brigitte Handwerker, Professorin für Deutsch als Fremdsprache an der Humboldt-Universität. Auch heute noch gibt es eine "Übernachfrage, vor allem aus dem Ausland", sagt Professor Konrad Ehlich von der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität, wo für diesen Studiengang derzeit knapp 400 Hauptfachstudenten eingeschrieben sind.Mittlerweile gehört Deutsch als Fremdsprache an vielen deutschen Universitäten zum Lehrangebot, allerdings meist als zusätzliches Studienangebot für bestimmte Fächergruppen. Ausgebildet werden mit diesem Studiengang in erster Linie Sprachlehrer für Deutsch an Sprachschulen, Universitäten und Fachhochschulen im In- und Ausland. An allgemeinbildenden Schulen in Deutschland dürfen DaF-Absolventen allerdings nicht unterrichten. Dafür ist ein Lehramtsstudium erforderlich.Akzente innerhalb des reichhaltigen Angebots von Deutsch als Fremdsprache an deutschen Universitäten will die TU vor allem dadurch setzen, daß Studierende ihren Studienschwerpunkt auf Deutsch als Fachsprache legen können. Konkret bedeutet das die Fähigkeit, Fachvokabular einer bestimmten Disziplin im Fremdsprachenunterricht zu vermitteln, beispielsweise sprachliche Ausdrücke für mathematische Formeln. "Diese Fähigkeit wird von unseren ausländischen Kooperationspartnern schon seit Jahren nachgefragt und war letztlich auch der Anlaß, diesen Studiengang einzurichten", erklärt Ulrich Steinmüller. "Alltagssprachgebrauch und Fachterminologie sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Man kann nicht unbedingt erwarten, daß jemand ohne spezielle Qualifikation eine Fachsprache vermitteln kann." Deshalb empfiehlt er, Deutsch als Fremdsprache mit einem naturwissenschaftlichen oder Ingenieursstudiengang zu kombinieren. Auch die Fächerkombination mit einer sozial- oder geisteswissenschaftlichen Disziplin ist möglich.FU und Humboldt-Universität bieten jeweils ein viersemestriges Ergänzungs- oder Zusatzstudium Deutsch als Fremdsprache an. Neben Lehrveranstaltungen zur Sprachdidaktik, zu Grammatik und Linguistik und zur interkulturellen Kommunikation umfaßt es ein Unterrichtspraktikum. Absolventen erhalten ein Zertifikat. "Damit wollen wir Germanistik- und anderen Philologiestudierenden im Hauptstudium ein zusätzliches Berufsfeld schaffen", sagt Bernt Ahrenholz, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU. Pro Semester werden 30 Studenten aufgenommen. Die Studentin Eva Schmidtbauer hat das Zusatzstudium bereits hinter sich: "An sich ist das eine gute Sache." Allerdings sei die Ausbildung zu theorielastig gewesen: "Das Studium leidet darunter, daß die Dozenten DaF als richtige Wissenschaft in richtigen Fächern etablieren wollen."Auch an der Humboldt-Universität, wo Deutsch als Fremdsprache mit linguistischem Schwerpunkt angeboten wird, ist der Vorwurf der Praxisferne bekannt. "Um der Theoriefixierung entgegenzuwirken" spielen hier Übungen zur Unterrichtspraxis eine wichtige Rolle, wie Brigitte Handwerker betont. Zu jedem Wintersemester stehen etwa 20 Plätze zur Verfügung. Bewerben können sich Philologie-Studierende im Hauptstudium oder mit bereits abgeschlossenem Studium.Wie weit kann ein Abschluß in Deutsch als Fremdsprache die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern? Wo ein Zertifikat in Deutsch als Fremdsprache häufig von Vorteil ist, sind Ausschreibungen für DAAD-Lektorate an ausländischen Universitäten. Der Leiter des Berliner Goethe-Instituts, Franz Xaver Augustin, äußert sich aber insgesamt kritisch: "Allein aufgrund eines Deutsch als Fremdsprache-Zertifikats wird bei uns sicherlich niemand genommen." Ihm kommt es auf einen guten Hochschulabschluß in einem allgemeinbildenden Fach an, auf Fremdsprachenkenntnisse und vor allem auf Auslandserfahrung: "Man muß selbst das Fremdheitserlebnis kennen." Studentin Schmidtbauer, die selbst im Ausland studiert hat, bekam über das DaF-Büro der FU ein Praktikum beim Londoner Goethe-Institut vermittelt. Sie berichtet auch von mehreren Kommilitonen, die dank des DaF-Zertifikats Jobs bei Volkshochschulen gefunden hätten.Skeptisch zeigt man sich dagegen auch bei den privaten Sprachenschulen und verweist wiederum auf die vermeintliche Theorielastigkeit des Studiums: "Ein Zertifikat in Deutsch als Fremdsprache ist für uns kein Kriterium", winkt Heidrun Noske von der Berlitz School ab. "Wir haben sowieso eine eigene Methode und Ausbildung." Axel Freudenfeld, Leiter der did-Sprachschule in Berlin, schätzt, daß höchstens ein Viertel seiner Dozenten eine Universitätsausbildung in Deutsch als Fremdsprache haben. Viel wichtiger seien "Berufserfahrung, Persönlichkeit und Motivation"."Deutsch als Fremdsprache kann helfen, vor allem im Ausland", widerspricht Professorin Brigitte Handwerker. "Es ist ein gutes Ergänzungsfach". Wer es mit einem technischen oder naturwissenschaftlichen Studienfach kombiniert, hat, so Ulrich Steinmüller, "auf absehbare Zeit sogar gute Berufschancen."

Bewerbungen für den Studiengang Deutsch als Fremdsprache an der TU sowie für das entsprechende Studienangebot an der HU sind bis zum 15. Juli an die Immatrikulationsämter der beiden Hochschulen zu richten. An der FU sind Bewerbungen bis zum 24. Juli möglich. Telefon des DaF-Sekretariats: 838 44 19.

ULRIKE KÖPPCHEN

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