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Gesundheit: Auferstanden aus Marzahn

Betonteile von Plattenbauten werden für neue Häuser verwendet

Blühende Landschaften: 16 Jahre nach dem Fall der Mauer dürfen sogar die hässlichen Betonplatten der DDR-Wohnsilos darauf hoffen, im reichen Westen anzukommen. Forscher der Technischen Universität Berlin haben einen Weg gefunden, die Betonwände als Baumaterial weiter zu verwenden. „Platten und Decken etwa eines WBS-70 lassen sich demontieren und zu einem neuen Haus zusammensetzen“, sagt Claus Asam vom TU-Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken (IEMB). „Wer Recyclingteile aus Betonelementen oder Spannbeton in sein neues Einfamilienhaus einbaut, kann bis zu dreißig Prozent der Kosten für den Rohbau einsparen.“

Dazu mussten die Bauingenieure Beton und Stahlarmierung in zahlreichen Tests auf Festigkeit und weitere Verarbeitbarkeit prüfen. Mit fingerstarken Schwerlastdübeln gelingt es, die Platten im neuen Haus fest und sicher einzubauen. Die Kanten des Hauses werden anschließend verschalt und mit Beton ausgegossen. Sogar Dächer lassen sich wieder verwenden. „Im Sommer diesen Jahres wurde in Mehrow der erste Neubau aus alten Betonplatten errichtet, als Pilotprojekt“, berichtet Asam. „Dafür wurden ungefähr sechzig Decken und Innenwandplatten benötigt.“ Zwei Eigenheime entstehen derzeit in Schildow.

Die Platten stammen aus Abbruchgebäuden in Marzahn. Die Plattenbauten vom Typ WBS-70 waren Ende der 60er Jahre von der Bauakademie der DDR und der TU in Dresden entwickelt worden. Mit industriell vorgefertigten Betonteilen sollte die dramatische Wohnungsnot im Land möglichst schnell beendet werden. Innerhalb eines Jahrzehnts sollten mehr als eine halbe Million Wohnungen aus dem Boden gestampft werden, etwa in Satellitenstädten wie Marzahn.

Der Begriff WBS-70 steht für „WohnungsBauSerie1970“. Die ersten Plattenbauten dieses Typs wurden 1972 vom Wohnungsbaukombinat Neubrandenburg errichtet. Die einzelnen Elemente eines WBS-70 wiegen bis zu 6,3 Tonnen. Eine durchschnittliche Innenwand ist sechs Meter lang und fast drei Meter hoch. Sie wiegt um die fünf Tonnen.

„Das bedeutet, dass man zum Abriss und zum Wiederaufbau jeweils einen Kran braucht“, erläutert Claus Asam, denn die TU-Forscher haben sich auch die Logistik der Wiederverwertung angesehen. Die sperrigen Platten müssen auf einem Sattelschlepper zur Baustelle des neuen Hauses gefahren werden, um dort möglichst schnell neu zusammengefügt zu werden.

Das Testhaus, das die TU in ihrer Versuchshalle im früheren AEG-Gelände in Wedding auf Herz und Nieren geprüft hatte, ist mittlerweile von einem Architekten übernommen worden, der es in der Wolliner Straße wieder aufbauen will. In den neuen Ländern stehen rund 400 000 Wohnungen in Plattenbauten leer, ihnen droht in den kommenden Jahren der Abriss.

Heiko Schwarzburger

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