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Gesundheit: Berlin ruckt in der Lehrerausbildung

Berlin will sich mit seiner Reform der Lehrerausbildung bundesweit an die Spitze der Bewegung setzen. Nirgendwo sonst in der Republik werden die Veränderungen in der bisherigen Ausbildung so bald so deutlich spürbar sein wie in der Hauptstadt.

Berlin will sich mit seiner Reform der Lehrerausbildung bundesweit an die Spitze der Bewegung setzen. Nirgendwo sonst in der Republik werden die Veränderungen in der bisherigen Ausbildung so bald so deutlich spürbar sein wie in der Hauptstadt. Das versprachen Berlins Bildungssenator Klaus Böger (SPD) und die Vizepräsidenten der drei Berliner Universitäten am Montag, als sie ihre Pläne der Öffentlichkeit vorstellten. Wie berichtet (siehe Tagespiegel vom 8. Juli), sollen die angehenden Lehrer sich bereits vom Wintersemester 2003/2004 an in neuen Bachelor- und Masterstudiengängen auf ihren Beruf vorbereiten. Sie studieren in Modulen, also größeren Sinneinheiten, und legen einen Teil der Prüfungen studienbegleitend ab. Den Lehrern soll es damit auch erleichtert werden, sich europaweit zu bewerben.

Das Referendariat wird von jetzt zwei Jahren auf anderthalb Jahre verkürzt. Seinen bisherigen Charakter soll es aber im wesentlichen behalten, wie Böger sagte, „ob aber in allen Details wird sich zeigen“. Der Vizepräsident der Freien Universität, Dieter Lenzen, sagte, die Seminarleiter, also Lehrer, die die Referendare in der Schule ausbilden, sollten in Zukunft „in die Unis zurückkommen, um sich auf den neuesten Stand zu bringen“. Gemeinsam mit dem Lehrernachwuchs sollten sie in universitären Instituten für Lehr- und Lernforschung fortgebildet werden. Ein Vorbild sei etwa Schottland. Hier sei es üblich, dass Lehrer in kleinen Gruppen ihren eigenen Unterricht erforschen.

„Die Qualität bleibt“

Das Studium soll praxisnäher werden, indem die Inhalte der Fachdidaktik- und Pädagogik-Seminare „verbindlicher“ gestaltet werden, die Praktika sollen besser vor- und nachbereitet werden. Trotzdem sollen die Studenten eine wissenschaftliche Einsicht in die Fächer erhalten, die sie später in die Lage versetzt, sich weiterzubilden. Auch in den Fachwissenschaften werden die Studenten keine „Lehrervariante der Laserphysik“ studieren, wie Dieter Lenzen von der FU sagte: „Die Qualität der Fachwissenschaften bleibt erhalten.“

Die Uni-Präsidenten schätzen den Kostenaufwand für die Reform an ihren Hochschulen unterschiedlich ein. Während die FU hofft, die inhaltlichen Innovationen mit den vielen Neuberufungen erreichen zu können, die demnächst anstehen, hat die Humboldt-Universität bereits eine Reihe von zusätzlichen Fachdidaktik-Professuren geplant und macht damit ältere Stelleneinsparungen rückgängig. Der Vizepräsident der Humboldt-Universität, Heinz-Elmar Tenorth, hob die „historische Dimension“ des Unternehmens hervor: Für die erste Staatsprüfung müssen die Berliner Studenten in Zukunft nicht mehr zum Landesprüfungsamt fahren, wo ihnen Staatsprüfer gemeinsam mit den Professoren das erste Staatsexamen abnehmen. Geprüft wird statt dessen in den Universitäten.

Staatsprüfer zu Notaren

Die Staatsprüfer nehmen bestenfalls Stichproben. In der Regel üben sie nur eine „Notariatsfunktion“ aus. Damit wird die Bildungsverwaltung erstmals nach dem Jahr 1810 den Universitäten die Prüfung für das erste Lehrer-Staatsexamen überlassen. „Man muss die Verwaltung für ihren Mut loben“, sagte Tenorth. In Rheinland-Pfalz, das ebenfalls ein Reformmodell erprobt, gebe es dem gegenüber neben der neuen Master-Prüfung zusätzlich die alte Staatsprüfung.

Weniger konsequent als in Berlin werde auch in Nordrhein-Westfalen reformiert. An den Hochschulen in Bochum und Bielefeld und inzwischen auch an einigen Fakultäten anderer Universiäten studieren Lehrer in Zukunft zwar in neuen Studiengängen. Ohne ein Master- nach dem Bachelorstudium wird aber niemand Lehrer - was nicht zum Ziel der Ausbildungsverkürzung führe. In Berlin reicht für das „Amt des Lehrers“ (Grundschule und bis 10. Klasse) der Bachelor. Womöglich könnte es hier in Zukunft allerdings eine Ausbildung geben, die ausschließlich zum Unterricht in Grundschulen berechtigt, und nicht mehr bis zur 10. Klasse.

Berlin braucht mehr Lehrer

Klaus Böger erneuerte seine Einschätzung, Berlin werde in den nächsten Jahren deutlich weniger Lehrer ausbilden, als in den Schulen gebraucht würden (siehe Tagesspiegel vom 18. Juni): „Das Studium wird sich mit Sicherheit lohnen.“ Allerdings hätten die Einstellungsstopps viele Studenten in der Vergangenheit davon abgeschreckt, Lehrer werden zu wollen: „Ich kann die jungen Leute verstehen“, sagte Böger zu den zurückgehenden Studentenzahlen in den Lehramtsstudiengängen der Berliner Universitäten. Die Politik müsse den Bedarf in Zukunft genauer prognostizieren. AnjaKühne

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