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Gesundheit: Berlins Studenten sind Millionen wert

Lehre soll sich lohnen: Wissenschaftsminister wollen Länder belohnen, die besonders viele Studienplätze anbieten

Studenten sollen keine Last sein, sondern sich lohnen. Bundesländer, die an ihren Hochschulen besonders viele Studierende aus anderen Ländern ausbilden, könnten künftig einen finanziellen Ausgleich erhalten. Das sieht ein neues System der Studienplatzfinanzierung vor, das Rheinland-Pfalz und Sachsen den Kultusministern vorschlagen wollen. Bislang zahlen die Länder die Studienplätze, die sie zur Verfügung stellen. Stattdessen sollen sie die Kosten für jedes Landeskind übernehmen, das ein Studium aufnimmt – egal in welchem Bundesland. Der größte Gewinner dieses neuen Finanzausgleichs wäre Berlin, das in der Anfangsphase mit mehr als 52 Millionen Euro aus den anderen Ländern rechnen könnte.

Dieses System sei eine Antwort auf den Studentenandrang, der den deutschen Hochschulen in den nächsten Jahren droht, sagte gestern der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner (SPD). Nur so würden die Länder „ein egoistisches Interesse entwickeln“, neue Studienplätze zu schaffen. Bis 2020 wird es in Deutschland 2,7 Millionen Studierende geben, jetzt sind es 1,9 Millionen.

Zöllner will zunächst nur die Studienanfänger beim so genannten „Vorteilsausgleich“ berücksichtigen, den bereits die Schweiz praktiziert. Er geht von 182 Millionen Euro aus, die zwischen den Ländern transferiert werden. Je nach Studienfach würden die Finanzminister unterschiedlich viel Geld für ihre Landeskinder an ihre Länderkollegen überweisen (siehe Kasten). Zöllner möchte auch den Bund an dem neuen Finanzausgleich beteiligen und ihn das meiste Geld zahlen lassen – obwohl die Finanzierung der Lehre Ländersache ist und Extra-Programme des Bundes nach der Föderalismusreform noch schwieriger als bisher werden sollen. Verfassungsrechtlich unbedenklich sei aber, wenn der Bund den Ländern das Studium der ausländischen Studenten zahle, sagte Zöllner. Der Vorschlag soll in die Verhandlungen um den Hochschulpakt 2020 eingehen, den Bund und Länder schließen wollen, um den erwarteten Studentenandrang zu bewältigen. Dafür hat der Bund ab 2007 jährlich zwischen 209 und 388 Millionen Euro eingeplant. Nach dem Zöllner-Modell würde der Bund anfangs 142 Millionen Euro pro Jahr zahlen. Aus dem Bundesbildungsministerium hieß es, der Bund werde sich mit dem Modell beschäftigen, „wenn sich die Kultusminister darauf tatsächlich einigen können“.

Neben Berlin könnten auch Hamburg, Sachsen und Bayern stark gewinnen. Würden alle Studenten bei dem neuen Finanzausgleich berücksichtigt, kämen für Berlin sogar bis zu 260 Millionen Euro zusammen. Zu den Verlierern gehören vor allem Brandenburg mit einem Minus von mehr als 19 Millionen Euro und Niedersachsen – das wäre ein Minus von neun Millionen (siehe Grafik).

Die Liste der Gewinner und Verlierer könnte kräftig durcheinander gewirbelt werden, wenn der Bund nicht für ausländische Studierende zahlen will. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen würden von Nehmer- zu Geberland, weil an den Unis im Südwesten und Westen viele Ausländer immatrikuliert sind.

Zöllner sagte, dass die Kultusminister bis zum Herbst über das Konzept beraten werden. Er sei zuversichtlich, dass auch potenzielle Verlierer zustimmen: „Wenn man einen Wettbewerbsföderalismus will, kann man kein Konzept ablehnen, dass Wettbewerb fördert.“ Vorstellbar seien Ausnahmen für Länder wie Brandenburg, in denen es lange Zeit keine Universitäten gegeben habe und die „historisch gewachsene Nachteile“ hätten.

Brandenburgs Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) lehnte das Zöllner-Modell auf Anfrage ab. Es würde die Länder belohnen, deren junge Leute sesshaft seien und die bestrafen, deren Jugendlichen mobil seien. Dabei müsste die Mobilität von jungen Leuten gefördert werden. Niedersachsen wolle den Finanzausgleich für Studienplätze nicht getrennt von der Neuordnung der gesamten Bund-Länder-Finanzen diskutieren, sagte eine Sprecherin. Berlins Wissenschaftssenator Thomas Flierl (Linkspartei) begrüßte das Konzept. Berlin könnte dann überlegen, „mehr Studienplätze als bisher zur Verfügung zu stellen“.

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