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Gesundheit: Bilder latenter Angst

Ferienblauer Himmel zieht über das Kiefernholz, Wattewolken schweben sanft darüber. Idyllisch.

Ferienblauer Himmel zieht über das Kiefernholz, Wattewolken schweben sanft darüber. Idyllisch. Darunter in blutroter Schrift lapidar: „Kim Nguyen muss wieder alleine spielen" und „Daniel Levi geht lieber etwas schneller". Bedrückung schraubt sich in den Kopf des Betrachters. „Bilder latenter Angst in Alltagssituationen" hat Julia Gaissmaier von der Kunsthochschule Weissensee (KHB) ihre Collage genannt. Eine von sieben Arbeiten, die unter dem Titel „Anschläge" ab heute am Bauzaun auf dem Gelände der Topographie des Terrors zu sehen sind.

Die Ausstellung zu Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit geht aus einem Semesterprojekt des Fachbereichs Kommunikationsdesign hervor. Über 163 Meter ziehen sich verwirrende Plakat-Collagen am Zaun entlang. Versatzstücke rechtsradikaler Internetseiten sowie Hitler-Parolen kombiniert mit populären und alltäglichen Slogans der Gegenwart sind darauf zu sehen. Die Unterschiede zwischen „rechts“ und normaler Banalität verwischen. Mannshohe Fragezeichen prangen auf weißem Untergrund. Dazwischen starren die über 100 „offiziellen“ Opfer rechtsextremistischer Gewalt seit 1990 vom Bauzaun. Grobkörnige Portraits und blinde Flächen da, wo keine Fotos existieren, dazwischen Spiegel mit der Aufschrift: Zuschauer? Opfer? Täter? Und in Gedanken: Was bin ich?

Die Studentin Rebecca Forner gibt den oft unbekannten Opfern ein Gesicht. „Erschreckend“, so Forner, „wie viele Opfer sonst nur als kleine Randnotiz erscheinen.“ Fabian Hickethier hat die Flüchtlings- und Ausländerpolitik in den Berliner Sozialämtern unter die Lupe genommen. Behördentexte schrauben sich quer über die Wand, gedreht, verzerrt, doppelt, gekreuzt. Bürokratischer Amtsjargon und Menschenelend prallen aufeinander. „Rassismus im alltäglichen Sprachgebrauch“ will Tania Mourinhos mit ihrer strengen Schwarz-Weiß-Collage aufzeigen: „Hilfs-Deutscher“, „Nicht-Einheimischer und „Aus-Länder“. Die schwarz-weißen Fronten des Sprechens und Denkens sollen aufgebrochen werden. Juliane von Mittelstaedt

Noch bis zum 23. Juni: „Anschläge“ am Bauzaun der Topographie des Terrors, Niederkirchnerstraße 8, 10963 Berlin.

Mehr zum Thema im Internet: www.anschlaege.de

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