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Bleaching: Das Weiß vom roten Teppich

Zur Berlinale sind sie überall: Stars mit Zähnen so weiß wie Schnee. Kann die jeder haben? Ein Überblick über Methoden und Risiken des Bleachings

Über auffällig weiße Zähne wundert sich heute niemand mehr. Auf der Leinwand und in Modemagazinen sind sie allgegenwärtig – genau wie derzeit auf den roten Teppichen der Berlinale. Immer mehr Berliner wünschen sich auch so ein Hollywood-Lächeln und fragen ihren Zahnarzt danach. In mehreren hundert Berliner Praxen steht Bleaching auf der Liste der Dienstleistungen, und auch Spezialstudios bieten die Aufhellung der Zähne an. Doch vorher sollte man sich informieren.

WARUM ZÄHNE NICHT IMMER WEISS SIND

„Die meisten Patienten möchten am liebsten die hellste Zahnfarbe A1, also so weiß, wie es nur geht“, sagt Birgit Dohlus von der Berliner Zahnärztekammer. Unter Zahnärzten wird „A1“ auch manchmal als „kloschüsselweiß“ bezeichnet. So weiß sind die Zähne von Natur aus nur selten, meist spielt der Farbton eher ins Elfenbeinfarbene oder leicht Graue. Im Lauf der Zeit schimmert zudem häufig das gelbliche Zahnbein (Dentin) durch, weil die oberste Schicht des Zahnschmelzes dünner wird. Und es kann passieren, dass Farbpigmente in den spröder werdenden Zahnschmelz eindringen. Hinzu kommen Ablagerungen, etwa von Tee, Kaffee, Rotwein oder Zigaretten. Solche äußerlichen Beläge lassen sich im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung entfernen.

DAS PASSIERT BEIM BLEACHING

Mit Bleichmitteln, deren Wirkstoff meist Wasserstoffperoxid bildet, können Verfärbungen des Zahnschmelzes aufgehellt werden. Die Zähne werden also behandelt wie die Haare beim Blondieren. Inzwischen wurde die Zusammensetzung der Oxidationsmittel verbessert. „Ihr PH-Wert sollte im neutralen Bereich liegen, weil saure Mittel den Zahnschmelz angreifen“, sagt die Zahnärztin Mozhgan Bizhang, die an der Uni Düsseldorf zum Thema Bleaching forscht. An den Zahn gelangen die Wirkstoffe beim von Zahnärzten angebotenen „Homebleaching“ über Schienen, die der Zahntechniker anpasst und in die ein Gel gefüllt wird, das über Nacht oder während einiger Stunden des Tages einwirkt. Beim „Powerbleaching“ werden in der Zahnarztpraxis hochkonzentrierte Bleichmittel eingesetzt. Tote Zähne können aufgehellt werden, indem der Zahn etwas aufgebohrt wird, um ein Bleichmittel hineinzugeben, das nach einem provisorischen Verschluss eine Woche einwirkt („Walking Bleaching“). Diese Prozedur muss man meist mehrfach wiederholen.

SO LANGE HÄLT DER ERFOLG AN

Wer nicht raucht, seine Zähne gut pflegt und regelmäßig zur Prophylaxe geht, kann den Erfolg länger genießen. Im Schnitt wird mit ein bis drei Jahren gerechnet. Die Schienen für das Bleichmittel, die beim Homebleaching eingesetzt werden, können dann, wenn sich im Gebiss nicht allzu viel verändert hat, wieder verwendet werden.

WELCHE PROBLEME ES GIBT

Das Bleichmittel wirkt nur auf das körpereigene organische Material. Kronen oder Veneers, die hauchdünnen Verblendschalen für Schneidezähne, behalten ihre alte Farbe, ebenso Füllungen aus Komposit. „Wenn der echte Zahn heller wird, fallen die Füllungen und der Zahnersatz möglicherweise unangenehm auf. Werden sie deshalb entfernt und ersetzt, geht weitere wertvolle Zahnsubstanz verloren“, gibt Birgit Dohlus zu bedenken. Hochkonzentriertes Bleichmittel kann zudem das Zahnfleisch reizen.

SO ERKENNT MAN GUTE QUALITÄT

Will man über die Homepage der Berliner Zahnärztekammer (www.zaek-berlin.de) einen Zahnarzt suchen, der Bleaching anbietet, ist die Suchmaschine schnell überfordert: Weil mehr als 300 Zahnärzte diese Dienstleistung anbieten, muss man die Suche auf einen Bezirk beschränken. Allein in Tempelhof-Schöneberg finden sich 127 Anlaufstellen. Zu den Praxen kommen Einrichtungen, die sich auf das Zähnebleichen spezialisiert haben, oft Bleaching-Center genannt. „Die ganze Behandlung gehört aber in die Praxis des Zahnarztes“, findet Bizhang. Wer anderswo hingeht, sollte ihrer Ansicht nach unbedingt vorher Zähne und Zahnfleisch vom Arzt untersuchen lassen. Der sollte auch entscheiden, ob Bleaching im konkreten Fall sinnvoll ist. Bleichen hilft zum Beispiel nicht und kann sogar an den Nerv gehen, wenn ein Zahn aufgrund von Karies verfärbt ist. Außerdem sollte dem Bleichen eine fachgerechte Prophylaxe vorausgehen. Darauf sollte auch die Broschüre jedes Bleaching-Centers hinweisen. Beim Powerbleaching sollte nie ohne Kofferdam gearbeitet werden – ein Gummischutz fürs Zahnfleisch. „Powerbleaching unter Einsatz von Lampen lehnen wir ab, weil es Nerven und Gefäße schädigen könnte“, sagt Bizhang. Die Preise – ob nun beim Zahnarzt oder in einem der neuen Studios – liegen meist bei 500 Euro für ein Bleaching der zwölf Schneidezähne des Ober- und Unterkiefers. Im Internet unter 2te-zahnarztmeinung.de, zahngebot.de und arzt-preisvergleich.de kann man sich ein günstiges Angebot machen lassen. Apotheken und Drogerien verkaufen auch Klebestreifen und Schienen-Sets für zu Hause. In den meisten dieser Produkte ist das Bleichmittel aber gering dosiert. Studien zeigen, dass sie „nur minimale Veränderungen bringen“, sagt Bizhang. Nur einem Klebestreifen („Whitestrip“) hat die Zeitschrift „Test“ (2/2006) besseren Erfolg attestiert.

WEM BLEACHING HILFT

„Noch vor wenigen Jahren waren wir Zahnärzte gegenüber dem Bleichen sehr skeptisch“, sagt Bizhang. „Inzwischen haben Studien ergeben, dass man dem Zahn nicht schadet, wenn man sich an einige Regeln hält.“ Gute Erfolge zeigen sich zum Beispiel bei Verfärbungen, die aufgetreten sind, weil man als Kind während der Zahnbildungsphase Antibiotika aus der Gruppe der Tetrazykline eingenommen hat. „Ich hatte eine 18-jährige Patientin, die sich wegen der Verfärbungen und Streifen auf den Schneidezähnen nicht traute, den Mund aufzumachen“, erzählt Bizhang. Einmaliges Powerbleaching und anschließendes Homebleaching zu Hause haben ihr geholfen. Sinnvoll ist die Methode auch bei Defekten im Zahnschmelz, bei denen sich Flecken bilden. „Das Bleichen ist ein kleiner Eingriff, der die Lebensqualität deutlich erhöhen kann“, sagt die Zahnärztin. „In den 1970er Jahren hätte man bei einer solchen Patientin stattdessen vielleicht Kronen eingesetzt.“ Aber es gibt heute auch noch andere Alternativen zu Kronen: „Nicht nur Flecken und Verfärbungen, sondern auch leichte Schiefstellungen können mit dünnen Veneers oder mit ganz wenigen Klecksen perfekt platziertem Kunststoff ausgeglichen werden, sagt Birgit Dohlus von der Berliner Zahnärztekammer. „Der ruhige, symmetrische Gesamteindruck ist meist wichtiger als ein strahlendes Weiß.“

Buchtipp: Manfred Tacha: „Zähne. Vorsorge. Behandlung. Kosten“, Stiftung Warentest, 12,90 Euro.

Adelheid Müller-Lissner

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