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Gesundheit: Das Ende der Säugetiere?

Ein Fossilienforscher glaubt, dass ein Massenaussterben bevorsteht

Schlagartig starben die Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren aus. Ursache war vermutlich eine drastische Klimaveränderung infolge eines Meteoriteneinschlags. Ein ähnliches Massenaussterben soll nun den Säugetieren bevorstehen. Ursache diesmal: der Mensch. Das zumindest glaubt der Paläontologe Michael Boulter vom Londoner Natural History Museum. Seine umstrittenen Thesen trug er im Einstein-Forum in Berlin vor.

Boulter ist eigentlich Experte für Pflanzen-Fossilien. Doch widmet er sich mittlerweile den ganz großen Fragen der Evolutionstheorie: Wie bilden sich Arten, wie sterben sie aus? „Extinction - Evolution, and the End of Man“ ist auch der Titel seines neuen Buches. Der Evolutionsforscher Charles Darwin sah die Entwicklung der Arten als einen stetigen Prozess, in dem sich der Baum des Lebens allmählich verzweigt. In den 70er Jahren stellte der Paläontologe Stephen Jay Gould dies in Frage: Es habe immer wieder lange Perioden gegeben, in denen nichts passierte. Erst das plötzliche Aussterben vieler Arten hätte wieder die Bildung zahlreicher neuer Arten ermöglicht. Paläontologen sind sich heute einig, dass es in der Erdgeschichte in der Tat mindestens fünf große Massensterben gegeben hat. Boulter schlägt nun einen dritten Ansatz vor.

Die Bildung der Arten entlang der erdgeschichtlichen Zeitachse verläuft demnach nicht linear (Darwin) oder stufenförmig (Gould), sondern „blasenförmig“: Innerhalb fossiler Tier- und Pflanzen-Gruppen habe es jeweils eine anfängliche Auffächerung gegeben, dann eine Expansion, der schließlich ein allmähliches Aussterben folgte – das alles natürlich über Jahrmillionen. Das haben Paläontologen schon zuvor beobachtet. Neu aber ist, dass Boulter diese Blasenform mathematisch beschreiben kann – und daraus sogar Voraussagen ableitet.

Die Blütenpflanzen etwa verhalten sich bislang ganz nach Boulters Modell: Sie haben ihren Zenit schon überschritten, werden aber wohl noch einige Millionen Jahre bestehen. Und die Säugetiere? Ihre Artenkurve sieht ganz ähnlich aus. Doch auch in Boulters Modell gibt es Störungen, Massensterben. „Die Fossilien deuten darauf hin, dass die Zahl der Säugetierarten in den letzten 100000 Jahren drastisch abgenommen hat“, sagte Boulter. Schuld daran sei der aggressive Homo sapiens, und zwar seitdem er jagt, also seitdem er besteht. Hier wollten einige Forscher im Publikum nicht mehr folgen: Die Fossilienfunde seien nicht so lückenlos, dass sie solche Tendenzen erkennen lassen – und schon gar nicht, dass der Mensch dahinter steckt.

Elke Binder

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