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Gesundheit: Das wohltemperierte Revier Die Wärme im Bienenstock

reguliert die Lernfähigkeit der Brut

Gedächtnis und Lernfähigkeit sind bei Bienen eine Frage der richtigen Nestwärme: Im Bienenstock entscheidet die Brutwärme darüber, wie sich das Bienengehirn entwickelt. Forscher vom Biozentrum der Uni Würzburg haben herausgefunden, dass schon geringe Temperaturschwankungen während der Aufzucht die spätere Anzahl von Nervenkontakten im Gehirn erwachsener Bienen verändern. Der Neurobiologie Wolfgang Rössler vermutet, dass sich auf diese Weise das Verhalten der Bienen im Staat selber reguliert. Das berichten er und seine Kollegen im Fachjournal „PNAS" (Band 101, Seite 4268).

Bienen durchlaufen während Ihrer Entwicklung mehrere Stadien: Aus dem Ei schlüpft zunächst die beinlose Larve. Sie wird von den Ammenbienen im Stock ständig gefüttert, bis sie sich schließlich – dick und rund – in einen seidenen Kokon einspinnt. Dann folgt das Puppenstadium, das zehn bis zwölf Tage dauert, bevor die fertige Biene schlüpft. Währenddessen baut sich der Insektenkörper komplett um: Viele Zellen der Larve sterben ab und werden durch neue ersetzt. Erst jetzt entstehen die Flügel und die leistungsfähigen Facettenaugen.

Um als erwachsene Biene zudem ein gutes Duftgedächtnis zu erhalten, müssen sich während der Puppenphase komplexe Verschaltungen von Nervenzellen im Gehirn bilden. In steter Sorge um die Nachkommen bemühen sich die Arbeiterinnen daher um ein optimales Klima im Bienenstock. Es herrschen fast überall konstant 35 Grad.

Anders in den Experimenten der Würzburger Forscher. Hier übernahmen die Wissenschaftler die Bienenaufzucht. Sie hielten die Puppen bei unterschiedlichen Temperaturen. Nach dem Schlüpfen untersuchten sie das jeweilige Bienenhirn im Mikroskop.

Im Puppenstadium verändert demnach schon ein Grad Celsius mehr oder weniger die Nervenverschaltungen langfristig. Dabei reagieren nicht alle Gehirnareale gleichermaßen sensibel auf Temperaturdifferenzen. Die Bereiche, in denen das Bienengehirn visuelle Reize verarbeitet, werden von der Temperatur weniger stark beeinflusst. Betroffen sind vor allem die Hirnregionen, die für das Duftgedächtnis der Bienen zuständig sind.

Unterschiede in den Nervenkontakten beeinflussen aber ihrerseits das Verhalten der sozialen Insekten. Die Honigbienen manipulieren das Zentralnervensystem ihrer Nachkommen anscheinend und verbessern so die Verteilung der Aufgaben im Staat.

„Der gesamte Bienenstock entscheidet darüber, wie die zukünftige Arbeitsteilung im Staat aussehen wird. Diese Regulierung funktioniert aus sich heraus“, sagt Rössler. Die Bienen könnten als Modellsystem dienen, um den Einfluss von Umweltfaktoren auf das Gehirn zu untersuchen.

Susanne Lummer

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