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Gesundheit: Der lange Marsch zum kurzen Weltraumflug

China will den ersten „Taikonauten“ ins All schicken

Auf dem Weltraumbahnhof in der Wüste Gobi im Nordwesten Chinas sind am Montag drei „Taikonauten“ eingetroffen. Sie werden nicht mehr lange auf den Flug ins Weltall warten müssen. Wenigstens einer von ihnen soll in dieser Woche als erster Chinese in einem Raumschiff die Erde umrunden.

Seit mehr als vier Jahrzehnten hat die Volksrepublik ein eigenes Raumfahrtprogramm. Und dabei spielte auch Washington den Kommunisten in Peking in die Hände, als es in den 50er Jahren während der McCarthy-Ära hochrangige chinesische Wissenschaftler nach Hause schickte. Aus militärischen Interkontinental-Raketen bauten chinesische Raumfahrtingenieure nach und nach die Trägersysteme vom Typ „Langer Marsch“. Von den insgesamt 70 Starts der verschiedenen Varianten der Rakete seit 1970 waren 63 Flüge erfolgreich.

Die aktuelle Version der Trägerrakete, „Langer Marsch 2F“, soll nun erstmals ein bemanntes „Shenzhou“-Raumschiff in den Orbit bringen. Das Shenzhou-Raumschiff , dessen Name mit „Göttliches Schiff“ übersetzt wird, geht auf russische Vorbilder vom bewährten Typ „Sojus“ zurück.

Mitte der 90er Jahre kauften die Chinesen eine russische Sojus-Kapsel und bauten sie um. Sie behielten die ursprüngliche Kombination aus Orbiter, Gerätemodul und Rückkehrkapsel bei, erhöhten aber das Platzangebot für künftige Raumfahrer. Die Kapsel wurde größer, hat jetzt einen Durchmesser von 2,8 Metern, das Raumschiff wiegt inzwischen 7600 Kilogramm.

Dass die Chinesen das russische System nicht blind kopiert, sondern eine durchaus eigenständige Weiterentwicklung zustande gebracht haben, erkennt man auch auf russischer Seite an. Während das russische Sojus-Orbital-Modul, in dem sich während des Fluges die Raumfahrer aufhalten, nach der Trennung von der Rückkehr-Kapsel in der Atmosphäre verglüht, kann der Shenzhou-Orbiter dank eines eigenen Antriebs in der Umlaufbahn bleiben. Manche Experten sehen hier sogar den Kern einer künftigen chinesischen Raumstation. Die chinesische Rückkehr-Kapsel soll wie die russische am Fallschirm auf festem Erdboden niedergehen und zwar in der Inneren Mongolei.

14 Astronauten trainieren derzeit für ihren Einsatz, alles ehemalige Kampfpiloten. Nach dem chinesischen Wort für Weltraum, „Taikong“ werden sie „Taikonauten“ genannt. Höchstwahrscheinlich wird nur einer von ihnen die Ehre haben, in die Geschichte als der chinesische Juri Gagarin oder John Glenn einzugehen, obwohl Shenzhou drei Raumfahrer aufnehmen könnte. Wer der Glückliche sein wird, soll sich erst kurz vor dem Start entscheiden.

Viel länger als seine berühmten Vorgänger wird der Taikonaut aber nicht im Weltraum sein. Während der Russe Gagarin, der 1961 als erster Mensch im All die Erde einmal umrundete, nach anderthalb Stunden wieder landete und der Amerikaner Glenn es ein Jahr später schon auf fünf Stunden und drei Umläufe brachte, wollen die Chinesen ihren ersten Mann knapp einen Tag im Orbit lassen. Er soll nach 21 Stunden und 14 Erdumrundungen zur Erde zurückkehren. Es geht den Chinesen vor allem darum, die Zuverlässigkeit des Systems zu demonstrieren. Forschungs- oder Beobachtungsaufgaben sind zunächst zweitrangig.

Von dem Start soll nicht nur ein politisches Signal ausgehen. Auch wirtschaftlich könnte sich das Unternehmen lohnen, denn zahlreichen Betreibern kommerzieller Satelliten ist neben den relativ teuren amerikanischen und europäischen Raketen für ihre Starts eine weitere Billig-Konkurrenz neben Russland nur recht. Dass die Chinesen durchaus in der Lage sind, Satelliten sowohl in den Erdorbit als auch in geostationäre Umlaufbahnen zu schießen, haben sie seit Mitte der 80er Jahre immer wieder unter Beweis gestellt.

Auch 40 Jahre später als Russland und den USA geht China frei von Komplexen an die bemannte Raumfahrt heran. Das zeigen vor allem die nächsten ehrgeizigen Projekte: In drei Jahren wollen die Chinesen einen Satelliten zum Mond schicken. Zudem planen sie ein eigenes raumgestütztes Navigationssystem. Bei alldem knüpften sie an die eigene Geschichte an: Schließlich waren es Chinesen, die vor über 1000 Jahren die ersten Feuerwerksraketen fabrizierten.

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