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Gesundheit: Der Untergang der Maya

Dürrekatastrophen sollen die Hochkultur vor 1200 Jahren zu Fall gebracht haben

Die Maya verdankten ihren Wohlstand vor allem dem Anbau von Mais. Sie hatten bereits in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem aus Zisternen und Kanälen ersonnen. Trotz des widrigen Klimas auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán bewirtschafteten sie großflächige Äcker und Felder. Mehrere Millionen Menschen sollen damals dort gelebt haben.

Doch dann, ab etwa 800 nach Christus, ging die Bevölkerung plötzlich zurück. Im Süden des Tieflands gaben die Maya nach und nach ihre prunkvollen Städte auf, die Hochkultur brach zusammen. Was war passiert? Überbevölkerung? Raubbau an der Natur? Eine Klimakatastrophe? Ideologische Krisen, Kriege gar? Die Liste der möglichen Ursachen ist lang.

Nicht Archäologen, sondern Paläoklimatologen haben jetzt Beweise für eine der Theorien gefunden. Das von Menschenhand geschaffene Bewässerungssystem der Maya war letztlich doch auf die Natur angewiesen: auf die Regenzeit im Sommer. Und die blieb immer häufiger aus. „Es war eine Klimaveränderung, die den Niedergang der Maya herbeigeführt hat", sagt Gerald Haug vom Geoforschungszentrum in Potsdam. In der spätklassischen Phase der Maya, etwa um das Jahr 760 herum, läutete eine Dürre ein Zeitalter der Trockenheit ein, die Regenfälle nahmen ab, berichten Haug und Kollegen heute im US-Fachblatt „Science“. Drei weitere Dürrekatastrophen gaben der ohnehin belasteten Gesellschaft dann den Rest.

Bohrungen im Ozeanboden brachten die Forscher auf die Spur der Klimaveränderungen. Auf dem Boden des Cariaco-Beckens vor der Küste Venezuelas hat sich über Jahrtausende das von den Flüssen vom Land eingetragene Geröll in Schichten abgelagert. „Das ist ein hervorragendes Klimaarchiv", sagt Haug. Anhand der Zusammensetzung der Schichten können die Wissenschaftler auf das Klima zur Zeit der Ablagerung schließen.

Zuvor hatten Geowissenschaftler derartige Untersuchungen schon in Seen im Tiefland der Maya durchgeführt; ebenfalls mit dem Ergebnis: Die Zeit des Untergangs war eine Zeit der Dürre. Kritiker glaubten aber, dass es sich dabei lediglich um lokale und kurzfristige Klimaschwankungen handelte, die nicht das Ende der Maya erklären könnten.

Klimaarchiv auf dem Ozeanboden

Die Forscher um Haug meinen nun, bessere Beweise für weit reichende Klimaveränderungen zu haben. Denn die Sedimente auf dem Ozeanboden haben sich in klar abgegrenzten Schichten abgelagert. Sie spiegeln den Jahresgang deutlich wider: Helle Schichten entsprechen trockenen Wintern, dunkle feuchten Sommern.

Erstmals konnten die Forscher so genaue Klimadaten aus der fernen Vergangenheit gewinnen. Sie konnten die Schichten nicht nur Jahren, sondern fast schon Monaten zuordnen. Mehr noch: Ihre Aussagen gelten für das Klima der gesamten Region. Zwar liegt das Cariaco-Becken in einiger Entfernung von der Yucatán-Halbinsel der Maya, dem heutigen Mexiko. Doch beide liegen im Sommer genau in dem tropischen Regengürtel, der das Wetter im Sommer bestimmt. Als die Forscher nun die Schichten des Ozeanbodens untersuchten, fanden sie heraus, dass es um das Jahr 760 eine Dürre gab. Im folgenden Jahrhundert war es besonders trocken. Weitere Dürrekatastrophen folgten etwa in den Jahren 810, 860 und 910.

Der Zusammenbruch der Maya-Zivilisation dauerte länger als ein Jahrhundert. Einige Archäologen werten die letzten Inschriften auf den Palästen als Hinweise auf den Zeitpunkt des Niedergangs. Demnach kam es zu dramatischem Bevölkerungsrückgang zuerst in den Städten im Westen, dann im Süden; im Norden ging vermutlich nur die Führungselite. Das war etwa um die Jahre 810, 860 und 910. Genau auf diese Jahre datieren die Paläoklimatologen die Dürren.

Doch scheinbar gibt es ein Paradox: Der Norden war generell niederschlagsarm, eine Dürre hätte ihn am härtesten treffen müssen. Tatsächlich wurde die Region als einzige nicht ganz verlassen. Die Vermutung der Forscher: In den feuchteren Gebieten im Westen und Süden gab es kaum Grundwasservorräte. Die Bewohner waren also darauf angewiesen, das Regenwasser zu speichern. Deshalb traf sie die Dürre als Erste. Im Norden war der Boden jedoch so beschaffen, dass er Grundwasser speichern konnte: Die Bewohner waren von jährlichen Schwankungen des Niederschlags nicht ganz so abhängig.

„Es ist vorstellbar, dass Dürren zum Bevölkerungsrückgang beigetragen haben", sagt Berthold Riese, Leiter des Instituts für Altamerikanistik der Universität Bonn. „Sicher aber nicht allein." Vermutlich sei das politische System zusammengebrochen.

Auch Haug vermutet mehrere Ursachen: In der Blütezeit hätten die Maya ihr Land bis zur Grenze seiner Tragfähigkeit genutzt. „Umweltprobleme haben die Gesellschaft dann wohl sehr empfindlich für die Dürren gemacht", so Haug. Das mag auch zu ideologischen Krisen geführt haben. Schließlich regierten Gottkönige, die sich als Regenmacher ausgaben. Ihre Macht muss ins Wanken geraten sein, als der Regen von oben ausblieb.

Elke Binder

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