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Gesundheit: Der zertrümmerte Sarkophag

Grab des Herodes: Archäologen sind fasziniert

Im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung hat der jüdische Historiker Josephus Flavius überliefert, wie König Herodes begraben wurde. Er schrieb von einer Totenbahre aus massivem Gold, übersät mit Edelsteinen, darauf der in eine Purpurrobe gehüllte Leichnam. Flavius beschrieb auch den Ort der Grablegung – die Festung Herodium bei Jerusalem, die der Herrscher eigens für seine Bestattung vorgesehen hatte. Obwohl Flavius diese Aufzeichnungen 70 bis 80 Jahre nach dem Tod von Herodes machte, hielten Generationen moderner Historiker sie für authentisch. Erst jetzt aber seien sie wohl endgültig bewiesen, sagt Wolfgang Zwickel, Professor für Biblische Archäologie an der Universität Mainz.

Auch andere Archäologen sind elektrisiert von dem Fund, den ihr Kollege Ehud Netzer von der Hebräischen Universität Jerusalem wie berichtet am Dienstag präsentierte: Bruchstücke eines reich verzierten Sarkophags, der sich anhand von Münzfunden eindeutig auf Herodes’ Todesjahr im Jahre 4 v. Chr. datieren ließe. Eine Offenbarung ist auch der Fundort am Hang des Herodium-Hügels15 Kilometer südlich von Jerusalem im israelisch besetzen Westjordanland. Seit 1972 hatte Netzer am Herodium gegraben, legte von den Festungsbauten bis zu gigantischen Wasseranlagen, die Herodes errichten ließ, scheinbar alles frei – bis er jetzt auch noch auf das lange gesuchte Grab stieß. Und zwar in einer Randlage, nicht wie stets vermutet im Zentrum des Hügels. Dieter Vieweger, Direktor des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes mit Sitz in Jerusalem, hofft, dass sich der Sarkophag weitgehend rekonstruieren lässt. Vielleicht könne dann geklärt werden, ob sich Herodes „als Jude oder als Römer bestatten ließ“. Für Historiker, die sich mit dem Heiligen Land beschäftigen, eine zentrale Frage. Bekannt ist, dass Herodes’ Vorfahren, die Idumäer waren, einst zum Judentum übertraten.

Eine Sensation sei Netzers Fund allerdings nicht, sagt Vieweger. Weil das Grab vollkommen zerstört sei, nur Bruchstücke des Sarkophags gefunden wurden und bislang keine Grabbeigaben, sei es eher „ein Puzzlestein“. Wolfgang Zwickel dagegen faszinieren schon die steinernen Rosetten auf den Sarkophag-Fragmenten, die er im Internet gesehen hat. Sie stammten eindeutig aus der Herodes-Zeit, sagt Zwickel. Er kenne sie von steinernen Knochenkästen, in denen Tote damals üblicherweise bestattet wurden.

„Diese Wut auf Herodes – 70 Jahre nach seiner Bestattung!“ Für Linda-Marie Günther, Professorin für Alte Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum, ist die Entdeckung des Grabes von König Herodes durchaus „sensationell“. Dass der Sarkophag offenbar einige Jahrzehnte nach der Bestattung zertrümmert wurde, passe zu der kontroversen Persönlichkeit des Königs. Jüdische Aufständische könnten es gewesen sein, die die römischen Besatzer vertreiben wollten. Günther hat vor zwei Jahren eine viel beachtete Biografie von Herodes veröffentlicht („Herodes der Große“, Wissenschaftliche Buchgesellschaft), in der sie ihn als eine bedeutende Gestalt der Antike beschreibt. Auch sie erhofft sich durch Netzers Fund – „für ihn die Krönung seines Lebenswerks“ – neue Aufschlüsse.

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