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Gesundheit: Die Magnetosphäre: Stürmisches Weltraumwetter

Der Sonnenwind bläst der Erde manchmal kräftig ins Gesicht. Stürmisches Weltraumwetter ist die Folge.

Der Sonnenwind bläst der Erde manchmal kräftig ins Gesicht. Stürmisches Weltraumwetter ist die Folge. Wie Schiffe auf tosender See verlieren Satelliten im All bei solchen Magnetstürmen ihre Orientierung. Satelliten auf hohen Bahnen in 40 000 Kilometern Höhe, die für Telefon- oder Fernsehübertragungen sorgen, können sich elektrisch aufladen und teilweise ausfallen. Um solche Schäden und damit verbundene Kosten zu vermeiden, wäre eine Sturmwarnung wünschenswert. Doch wie wird das Weltraumwetter morgen?

Amerikanische Forscher haben nun erstmals eine detaillierte Wetterkarte der Erdumgebung vorgestellt. Mit Hilfe des Image-Forschungssatelliten haben sie ein Bild der gesamten magnetischen Hülle der Erde gezeichnet, der Magnetosphäre.

"Wie die ersten Meteorologen mit ihren wenigen Wetterstationen, so hatten auch wir lange einen eingeschränkten Blick auf die Magnetosphäre", sagt Thomas Moore vom Goddard Forschungszentrum der US-Weltraumbehörde Nasa in Greenbelt. "Wir konnten nie die gesamte Magnetosphäre sehen." Erst mit dem Image-Satelliten sei es möglich geworden, sie ganz und im zeitlichen Abstand von wenigen Minuten aufzunehmen, ergänzt James Burch, Leiter des Satellitenprojektes. "Das reicht aus, um nun auch die dynamischen Prozesse in der Magnetosphäre erfassen zu können."

Wetterbestimmend für die Erdumgebung sind die Geschehnisse in der weit entfernten Sonnenkorona. In dieser äußeren Sonnensphäre herrschen Temperaturen von ein bis zwei Millionen Grad Celsius. Die extreme Hitze treibt einen fortwährenden Gasstrom ins All - unter anderem in Richtung Erde. Er ist mal schwächer, mal stärker, je nach augenblicklicher Aktivität der Sonne, die im elfjährigen Zyklus schwankt. In unregelmäßigen Abständen kommt es auf der Sonne auch zu tagelangen Eruptionen.

Der Sonnenwind besteht vor allem aus geladenen Partikeln: aus Protonen und Heliumionen. Er erreicht die Erde mit einer Geschwindigkeit von rund 300 Kilometern pro Sekunde und prallt auf den irdischen Schutzschild, das Magnetfeld. Das Erdmagnetfeld wird vom Sonnenwind stark zusammengedrückt (siehe Grafik), lenkt diesen aber um unseren Planeten herum.

So bildet sich auf der der Sonne abgewandten Seite ein langer Schwanz, den der Image-Satellit nun aufgenommen hat. Dieser Schwanz reicht viele 100 Erdradien hinaus ins All. Er flattert hin und her, wie eine Fahne im Wind.

Außerhalb der Erdatmosphäre wird die Luft dünn. Der Image-Satellit hatte erstmals Messinstrumente an Bord, mit denen Forscher auch dieses fein verteilte Gas beobachten konnten. Es besteht aus neutralen, ungeladenen Partikel. "Man hat nun ein Bild der gesamten Sphäre erhalten, die mit der Erde rotiert", sagt Kristian Schlegel vom Max-Planck-Institut für Aeronomie in Katlenburg-Lindau. "Sie ändert ihre Form innerhalb weniger Stunden."

Neben den neutralen Partikeln hat der Image-Satellit auch die ultraviolette Strahlung der Sonne und die Bahnen der Protonen im Sonnenwind verfolgt. Die Protonen werden in weiträumigen elektrischen Ringströmen um die Erde geführt. Diese Ströme kommen durch ein Zusammenspiel zwischen Erdmagnetfeld und Sonnenwind zustande, das bis heute nicht genau verstanden ist.

Das Erdmagnetfeld schützt uns nicht überall gleich gut vor dem Sonnenwind. Es hat Löcher. Spektakuläre Erscheinungen wie das Nordlicht verraten, dass geladene Teilchen in der Polarregion weit hinunter in Höhen bis zu 100 Kilometern über dem Boden vordringen und dort Gas zum Leuchten anregen können.

Auch in bestimmten Regionen über dem Südatlantik ist das Erdmagnetfeld schwach. So schwach, dass Satelliten auf erdnahen Bahnen in dieser Zone einer starken Strahlung ausgesetzt sind, wie Hermann Lühr vom Geoforschungszentrum Potsdam erläutert. "Obwohl sich ein Satellit auf polarer Umlaufbahn nur eine Viertelstunde am Tag in diesem Gebiet aufhält, bekommt er dort 90 Prozent seiner Strahlung ab."

Ausgerechnet dort, wo das Magnetfeld ohnehin gering ist, nimmt es weiter ab. Das haben erste Messungen mit dem in Potsdam entwickelten und vor einem halben Jahr gestarteten Forschungssatelliten "Champ" nun bestätigt. "Das Magnetfeld sinkt dort um 0,5 Prozent pro Jahr", sagt Christoph Reigber, Leiter des "Champ"-Projektes. "Das sind in 20 Jahren zehn Prozent."

Bei einer solch rasanten Abnahme könnte der Südatlantik eines Tages auch für Flugzeuge zur ungeliebten Gegend werden. Allerdings wird das Magnetfeld nicht nur dort, sondern allerorten schwächer. Im globalen Mittel jedes Jahr um 0,1 Prozent, und damit scheinbar rascher als noch vor wenigen Jahrzehnten. Wie es zu dieser Abnahme kommt, ist nicht klar. Aber es ist denkbar, dass sich das Magnetfeld der Erde in 500 oder 1000 Jahren umkehrt. Dann würde sich der Nordpol in den Südpol verwandeln und die Erde während des Übergangs ihren magnetischen Schutzschild kurzzeitig ganz verlieren. Dem gefürchteten Sonnenwind wären alle Einfallstore weit geöffnet.

"Es hat in der Vergangenheit immer wieder solche Umkehrungen des Magnetfelds gegeben", sagt Reigber. Das wisse man aus der Analyse von Gesteinen, in denen die einstige Magnetfeldstärke "eingefroren" ist.

Vor zwei Jahren stellten Forscher aus den Niederlanden und den USA eine vorerst beruhigende Gesteinsanalyse vor. Sie hatten Basalt vom Boden der Ozeane aufgesammelt und die Stärke des Magnetfeldes in der Vergangenheit abgeschätzt. Das Erdmagnetfeld war demnach in den letzten 160 Millionen Jahren im Mittel nur halb so groß wie heute. Wir brauchen uns über sein völliges Verschwinden also vorerst wohl noch keine allzu großen Sorgen zu machen.

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