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Gesundheit: Dr. Netz

Im Internet wimmelt es von Webseiten zum Thema Gesundheit – aber wie stellt man sicher, dass die Informationen verlässlich sind?

Schlafstörungen, Migräne, Diät, Krebstherapien: Wenn der Arzt nicht weiter weiß, geht der Patient ins Internet. Das Web bietet Gesundheitsinfos zu jedem Thema – von A wie Abnehmen bis Z wie Zytoplasma. Doch kaum ein Surfer kann die Qualität der gefundenen Informationen beurteilen. Steckt dahinter ein Scharlatan oder handelt es sich um fundierte medizinische Erkenntnisse?

Studien dazu kommen mitunter zu beunruhigenden Ergebnissen. Einige Forscher beurteilen bis zu 90 Prozent der medizinischen Netzinfos als falsch oder unvollständig. Aber kann die Vollständigkeit einer einzelnen Information im weiten Feld des Internets als Qualitätskriterium dienen?

Gunther Eysenbach vom „Centre for Global eHealth Innovation“ der Universität Toronto hält das für „wenig zweckmäßig“. Er hat sich 79 Studien genauer angesehen und kommt zu dem Schluss, dass Experten die Qualität von Internet-Informationen überwiegend als mangelhaft beurteilen. Dennoch „gibt es wenig Grund, Patienten pauschal vor dem Gebrauch von Gesundheitsinformationen im Internet zu warnen“, sagt Eysenbach. Im Gegenteil: „Patienten sollten zwar ein kritisches Auge auf die Qualität haben, letztendlich gibt es aber kaum eine bessere Möglichkeit, sich umfassend zu informieren und mit Leidensgenossen Kontakt aufzunehmen, als über das Internet.“

Um mehr Orientierung im Datendschungel bemühen sich in Europa derzeit etliche Projekte. Eines der ältesten ist die Schweizer Health on the Net Foundation, HON. Sie hat bereits 1996 Kriterien zur Qualitätssicherung von Gesundheitsinformationen im Internet entwickelt. Anbieter, die sich dazu verpflichten, ihre Seiten den Kriterien entsprechend zu gestalten, dürfen ihre Website mit einem Siegel auszeichnen, dem HON-Code. Wie eine TÜV-Plakette soll er dem Nutzer anzeigen, dass die Informationen auf dieser Seite aus verlässlicher und vertrauenswürdiger Quelle stammen. Die Angaben der Informationsanbieter sind jedoch freiwillig und werden nicht extern überprüft.

In Deutschland ist seit 1999 das Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem („Afgis“) mit der Entwicklung und Anwendung von Qualitätsmerkmalen für Anbieter medizinischer Internet-Infos beschäftigt. 1999 auf Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit gegründet, umfasst das Netzwerk inzwischen rund 170 Partner, beispielsweise das Robert-Koch-Institut, diverse Universitäten und Selbsthilfe-Organisationen, aber auch kommerzielle Anbieter wie Gesundheitsscout24 oder BSMO Lifeline. Die Mitglieder verpflichten sich, ihr Internetangebot den dort entwickelten Qualitätskriterien entsprechend zu gestalten. Und das heißt vor allem: transparent. Zehn „Transparenzmerkmale“ hat das Afgis entwickelt und erprobt (siehe Infokasten). Das Afgis-Siegel ziert bereits jetzt manche der Partner-Seiten und gibt beim Anklicken Auskunft über die Transparenz des Webangebots.

Afgis will die Anbieter auch extern beurteilen. „Der nächste Schritt ist die Überprüfung mittels eines jetzt entwickelten Qualitätssicherungsinstruments“, sagt der Afgis-Koordinator Heribert Balks. „Schließlich sollen über die Transparenz hinaus auch Vermittlungskriterien und Datenschutzaspekte in die Qualitätssicherung einfließen. Zur Weiterführung dieser Arbeit wird Afgis im Rahmen eines Kongresses am 24. und 25. Juni in Berlin einen Verein gründen. Dort soll es auch ein Internet-Café geben, in dem Besucher die Kriterien kennen lernen können.

Transparenz ist eine Seite der Qualitätssicherung von medizinischen Internetangeboten. „Schwierig wird es, wenn es um den Inhalt geht“, sagt der Koordinator Balks. „Das kann man zur Zeit gar nicht, ohne einen Riesenaufwand.“ Die Qualität der Informationen hängt auch vom Thema ab: „So wiesen im Durchschnitt ,nur’ fünf Prozent der Krebswebsites falsche Informationen auf, während Informationen zur Ernährung, insbesondere zum Thema ,Gewichtsreduktion’ deutlich schlechter abschnitten.“

Außerdem könne der Nutzer durch Wahl der Suchbegriffe beeinflussen, ob er vor allem dubiose Seiten oder eher gute Websites findet. Wer nach „Krebsheilung“ sucht, bekommt tendenziell weniger fundierte Ergebnisse als ein Surfer, der „Prostatakarzinom“ und „Therapie“ in die Suchmaske eingibt.

Mehr im Internet unter:

www.afgis.de , www.hon.ch , www.medcircle.org

Angela Misslbeck

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