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Gesundheit: Ein elastisches Flügelgerüst macht Libellen zu Kunstfliegern

Wenn die Große Moosjungfer als prächtige Libelle an einem schönen Frühsommertag zu ihrem Jungfernflug abhebt, hat sie eine lange Entwicklungszeit sich. Zwei Jahre dauert es, bis Leucorrhinia pectoralis aus ihrer Larvenhülle schlüpft.

Wenn die Große Moosjungfer als prächtige Libelle an einem schönen Frühsommertag zu ihrem Jungfernflug abhebt, hat sie eine lange Entwicklungszeit sich. Zwei Jahre dauert es, bis Leucorrhinia pectoralis aus ihrer Larvenhülle schlüpft. Erst dann verlässt sie das Wasser und hält sich an einem Halm oder anderen Pflanzenteilen fest. Sie verwandelt sich in eine flugfähige Libelle und entfernt sich bei ihrem Reifungsflug vom heimischen Gewässer, schnell und wendig wie all ihre Artgenossen.

Viele Geheimnisse des Libellenfluges, die Fähigkeit etwa der Großen Moosjungfer in der Luft stehen zu bleiben und exakt zu manövrieren, mögen in einer solchen Metamorphose verborgen sein. Ein wesentliches Merkmal ihrer Flugkunst hat nun jedoch Stanilav Gorb vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen aufgedeckt. Er fand gummiartige Gelenke in den gläsern-filigranen Flügeln der Insekten.

Während Vögel die Flügel dank ihrer Muskeln, die bis in die Enden ihrer Schwingen reichen, stets dem gewünschten Flugmanöver und den aerodynamischen Kräften anpassen können, sind Insektenflügel muskellos. Sie bestehen aus einem der pflanzlichen Zellulose ähnlichen Stoff. Diese Mischung unter anderem aus Eiweiß und Chitin bildet sowohl die durchsichtige Haut der Flügelzellen als auch ein Netz aus verdickten Längs- und Queradern. Die Adern durchziehen den Libellenflügel wie ein feines Fachwerk. Sie bilden sowohl Gerüst als auch Atemröhren der Flügel.

Längs- und Queradern schneiden sich in vielen Punkten, und diese Knoten nahm Stanislav Gorb genau unter die Lupe. Er stellte fest, dass es neben starren Verbindungen der Längs- und Queradern auch bewegliche gibt. Diese elastischen Gelenke sind mit einem gummiartigen Klebstoff miteinander verleimt: Resilin, ein Eiweiß, das sich verformen lässt.

Zudem vermag Resilin jedoch elastische Energie zu speichern. Das war bereits von anderen Insekten bekannt, etwa von Grashüpfern oder einigen Käfern, die ihr Sprungvermögen aus der Elastizität dieser Substanz beziehen. Ähnlich ist es bei den Libellenflügeln: Die Resilin-Gelenke liegen auf annähernd parallelen Achsen und wölben sich während des Flugs, wodurch die Flügel ein optimales Profil erhalten. Beim Flügelschlag werden die Achsen verdrillt. Dabei speichern die elastischen Gelenke die Verdrillungsenergie, so dass der Flügel nach dem Schlag automatisch wieder in seine Ausgangsstellung zurückschnappt.

Dank dieser elastischen Kräfte kann der Flügel immer den günstigsten Anstellwinkel annehmen, der der Libelle für ihren schnellen Flug den stärksten Vorschub gibt. Das erklärt auch den Erfolg der Libellen als Jäger. Sie gehen seit fast 200 Millionen Jahren auf Beutefang und konnten als erste Lebewesen vom Fliegen (und von Fliegen) leben.

Als Pioniere aus der Frühzeit des Insektenfluges haben die Libellen bis heute überlebt. Libellenarten wie die in Europa und Sibirien verbreitete Große Moosjungfer sind aber nicht oft zu sehen. Die Phasen, in denen sie sich mit ihren gut gebauten Flügeln in die Luft erheben, dauern nur wenige Wochen - gemessen an ihrem Larvenstadium ein kurzer Zeitraum. In Deutschland wird die Große Moosjungfer zudem neben einigen anderen Arten als stark gefährdet eingestuft. Sie ist in den vergangenen 15 bis 20 Jahren noch seltener geworden.

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