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Gesundheit: Eine andere Meinung als die Mehrheit

Austauschschüler in den USA: Sie diskutieren über den Irak-Krieg, werden aber kaum angefeindet

Große Unsicherheit herrscht zurzeit unter Schülern, die ein Austauschjahr in den Vereinigten Staaten planen. „Seit Wochenanfang bekommen wir Anrufe, ob alle Austauschprogramme in die USA abgesagt werden“, sagt Knut Möller, Geschäftsführer der Organisation Deutsches Youth For Understanding Komitee in Hamburg. Grund der Aufregung ist ein Bericht im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Das Blatt berichtete am Montag, dass junge Deutsche in den USA wegen der Anti-Kriegs-Politik der Bundesregierung massiven Anfeindungen ausgesetzt seien. Das löste besorgte Kommentare auf der Webseite des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms Deutschland-USA des Bundestages aus: „Wie denkt ihr, werden wir aufgenommen?“, fragte dort gestern Julia, eine künftige Austauschschülerin.

Etwa 8000 deutsche Schüler leben derzeit in einer amerikanischen Gastfamilie. Bei den Anfeindungen, über die der „Spiegel“ berichtete, scheint es sich jedoch um Einzelfälle zu handeln. Das meinen jedenfalls übereinstimmend die Vertreter der großen Austauschorganisationen. „Es gibt einzelne Schüler, die sich in Diskussionen unwohl fühlen, da sie eine andere Meinung als die Mehrheit haben. Die Sicherheit junger Deutscher ist aber auf keinen Fall gefährdet“, sagt Möller, dessen Organisation zurzeit knapp 900 Schüler betreut. Nur zwei Schüler überlegten, auf Grund des politischen Streits mit den Gasteltern die Familie zu wechseln. Es gebe also keinen Anlass, Programme abzusagen.

Auch die 800 Austauschschüler der Organisation EF haben bisher noch keine Probleme gemeldet. „In den meisten Familien herrscht der Alltag und nicht die Politik“, sagt EF-Sprecherin Kerstin Erdbrink. Das bestätigt Carola Erdrich, deren Sohn Max vom Berliner Gymnasium zum Grauen Kloster gerade für ein Jahr im US-Staat Michigan lebt: „Max ist bislang nicht angefeindet worden. Auch seine Gasteltern urteilen sehr differenziert.“ Max’ Berliner Klassenkamerad Anselm Hartmann werde in Minnesota sogar als eine Art Held angesehen, sagt seine Mutter: „Die Jugendlichen in seinem Ort sind alle gegen den Krieg und bewundern Deutschland für die klare Anti-Kriegshaltung.“ Anselms amerikanische Gastmutter Kathy Olsson reagiert geradezu schockiert, als sie von Anfeindungen gegen deutsche Jugendliche hört: „Anselm hat überhaupt keine Probleme bei uns. Es wäre schlimm, wenn es anders wäre.“ Erdrich und Hartmann wissen allerdings auch von Jugendlichen vor allem aus den Südstaaten, die Gegenteiliges erlebt haben.

Grundsätzlich raten die Organisationen den Austauschschülern zur Zurückhaltung. „Schüler sollten ein gutes Beispiel für Toleranz sein und nicht provozieren“, empfiehlt Werner Kinzinger von der Aktion Bildungsinformation. „Sie sollten nicht versuchen, eine ganze Nation zu belehren“, meint Erdbrink. Die eigene Meinung bräuchten junge Deutsche in den USA deswegen nicht zu verstecken. Knut Möller rät, den Diskussionen auch positive Seiten abzugewinnen: „Kontroverse Gespräche sind kein Problem, sondern bereichernd.“

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