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Gesundheit: Eine Sache der Haltung

Macht müde Rücken munter: Robert Schleip über Therapien für Stressgeplagte

ROBERT SCHLEIP (49) ist DiplomPsychologe und Lehrer am europäischen Rolfing-Institut in München. Er arbeitet auch als Feldenkrais-Pädagoge.

Warum haben so viele Menschen Probleme mit dem Rücken?

Das liegt vor allem an der modernen Lebensweise. Wir bewegen zu selten den Rücken. Wir sitzen zu viel und sind zu wenig aktiv.

Spielt auch die Psyche eine Rolle?

In den meisten Fällen werden Rückenleiden nicht allein durch die Psyche verursacht. Aber in einer Krise ist man anfälliger und bekommt die entstandenen Leiden auch schwerer weg. Wenn man in einer unbewussten Opferbereitschaft ist, nisten sich Rückenleiden eher ein. Man kann aber auch in guten Zeiten Beschwerden bekommen, doch dann gehen sie schneller wieder weg.

Wenn man die Beschwerden nicht los wird oder man nicht so lange warten will, welche alternativen Therapien sind dann sinnvoll?

Am häufigsten wird die Feldenkrais-Methode angeboten. Bei Feldenkrais macht man keine besonders sportlichen, sondern ganz feine, behutsame Bewegungsexperimente. Anschließend stellt man fest, dass sich etwas im Körper verändert hat. Obwohl keine Muskeln gedehnt und gekräftigt werden, funktioniert die Methode, weil Lernprozesse des Nervensystems in Gang gesetzt werden. Ein Vorteil von Feldenkrais ist, dass man selber aktiv ist und in Gruppen praktizieren kann.

Ist das bei den anderen Methoden nicht so?

Die Osteopathie beispielsweise, die in den letzten Jahren sehr im Kommen ist, ist eine Einzelbehandlung. Es handelt sich um einfühlsame, sanfte Manipulationen des Bewegungsapparates, aber auch der Organe. Sie wirkt bei vielen Leuten sehr erfolgreich.

Was passiert da?

Während der meist 45- bis 60-minütigen Behandlung ist viel Intuition im Spiel. Nach einem ausführlichen Erstgespräch schaut man sich den Klienten an und versucht, gemeinsam mit ihm die Problembereiche aufzuspüren. Dann beginnt der Behandler mit einzelnen Handauflegungen zu spüren, wo der Körper fest oder wo er beweglich ist. Eine solche Berührung kann auch ein paar Minuten dauern. Das ist nicht nur ein Darübergleiten wie bei der Massage.

Drückt der Behandler fest auf den Körper?

Es ist ähnlich wie die Chiropraxis, aber weniger ruckhaft. Ein Vorteil der Osteopathie ist, dass man auch bei Fehlfunktionen von Organen, Lunge oder Eingeweiden, gute Wirkungen erzielen kann.

Ist das beim Rolfing auch so?

Rolfing hat sich aus der Osteopathie entwickelt und integriert Elemente aus dem Yoga. Es wird meist fester gedrückt, aber nicht so, dass es unerträglich schmerzhaft ist. Es handelt sich um eine Bindegewebsmanipulation. Die Methode funktioniert gut bei schlechter Körperhaltung, bei X- und O-Beinen oder Rundrücken. Es ist die intensivste der erwähnten Methoden.

Hält die Besserung längere Zeit an, oder muss man die Behandlung wiederholen?

Das ist ganz unterschiedlich. Wenn Klienten nach Jahren wiederkommen, kann ich den Erfolg mit Bildern, die ich nach Abschluss der zehn Sitzungen gemacht habe, kontrollieren. Ich habe festgestellt, dass sich der Zustand bei etwa einem Drittel der Klienten weiter gebessert hat, bei einem Drittel ist er etwa gleich geblieben, bei einem weiteren Drittel hat er sich wieder verschlechtert.

Viele Menschen haben Nackenschmerzen.

Da bietet sich die Alexander-Methode an. Dieses Verfahren ist zwar der Vorreiter der westlichen Körpertherapien, ist hier zu Lande aber noch nicht weit verbreitet. Sie wird viel von Musikern oder Künstlern praktiziert. Die Behandlung konzentriert sich besonder auf Kopf, Hals, Nacken, Schulterbereich.

Was ist der Effekt?

Bei Alexander lernt man ein anderes Verhalten im Alltag: aufrecht am Schreibtisch zu sitzen und gerade zu stehen. Es geht vor allem darum, die Wahrnehmung zu verfeinern, und weniger darum, rein mechanische Bewegungsabläufe zu optimieren.

Was ist die Rolle des Therapeuten?

Der Therapeut lenkt durch Anleitungen und sanfte Berührungen. Er wirkt quasi als Vergrößerungsglas und hilft, kleine Dinge im Alltag zu bemerken, die man normalerweise übersieht. Dass man sich fragt: Was mache ich da eigentlich? Meine Haltung tut doch weh. Wie viel angenehmer ist es, mich auf geschmeidigere Art zu bewegen.

Was eignet sich gegen Kopfschmerzen?

Das ist ein Schwerpunkt der Craniosacralen Therapie, einer Unterart der Osteopathie. Dabei wird vor allem am Schädel gearbeitet, aber auch am Rücken. Ein geschulter Behandler kann da eine Art von Puls spüren, der feiner und langsamer als die Atmung ist und mit dem Wohlbefinden zu tun hat. Craniosacrale Arbeit ist als sehr zarte Behandlungsmethode auch für Kleinkinder geeignet.

Mit welchen Beschwerden ist es besser, zum Orthopäden zu gehen?

Bei stechenden Hüftgelenksproblemen sowie Beschwerden an der Schulter oder den Extremitäten sollte man zumindest eine orthopädische Diagnose per Ultraschall oder Röntgen machen lassen. Eine ganz andere Frage ist es, ob man auch die Behandlung beim Orthopäden macht.

Das Gespräch führte Paul Janositz

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